Agnes Miegel, die „Mutter
Ostpreußens“
Die
ostpreußische Dichterin und Schriftstellerin
Agnes Miegel wurde am 9.März 1879 im ältesten
Stadtteil Königsbergs, dem Kneiphof, unweit des
Domes und der Grabstätte Immanuel Kants geboren.
Ihre väterlichen Vorfahren stammten aus dem
Elsaß, dem Rheinland und dem Oderbruch.
Mütterlicherseits waren es vertriebene
evangelische Salzburger, denen 1732 der
preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. in
Ostpreußen eine neue Heimat bot.
Agnes Miegel lebte nach dem Schulbesuch 3 Jahre in einem
Weimarer Pensionat, einige Monate in Paris und
ließ sich im Jahre 1900 in Berlin zur
Kinderkrankenschwester ausbilden. 1902 bis 1904
arbeitete sie als Erzieherin in einem englischen
Mädchenpensionat und besuchte anschließend das
Berliner Lehrerseminar, das sie aus
Krankheitsgründen abbrechen mußte. Aufgrund der
Erkrankung ihrer Eltern mußte sie 1906 auch den
Besuch einer landwirtschaftlichen Mädchenschule
in München beenden und pflegte ihren Vater –die
Mutter war 1913 in einem Pflegeheim verschieden-
bis zu dessen Tod im Jahre 1917.
Agnes Miegel, die Königsberg nur zu größeren Reisen verließ,
flüchtete am 27.2.1945 aus dem brennenden
Königsberg über die Ostsee nach Swinemünde,
entkam dort knapp dem amerikanischen Luftangriff
und wurde mit Tausenden ihrer Landsleute nahe
dem dänischen Esbjerg interniert. 1946 fand sie
Aufnahme im niedersächsischen Schloß Apelern der
Familie von Münchhausen. Im Jahre 1948 bezog
Agnes Miegel schließlich ihren letzten Wohnort
in Bad Nenndorf, wo sie am 26.Oktober 1964
verstarb und auf dem dortigen Bergfriedhof
bestattet wurde. Die Agnes-Miegel-Gesellschaft
erwarb das Haus und richtete dort eine
Gedenkstätte ein.
Das
dichterische Schaffen
Bereits
während ihrer Weimarer Zeit begann die 15jährige
Agnes Miegel Gedichte zu verfassen. 1896 bekommt
sie für die Veröffentlichung des Gedichts
„Elfkönig“ das erste Honorar und hält als
20jährige ihre erste öffentliche Dichterlesung
im Königsberger Artushof. Nach ihrem
Parisaufenthalt lernte sie 1898 Börris von
Münchhausen kennen, der ihre dichterische
Begabung förderte und dem sie fortan
freundschaftlich verbunden war. In dem von ihm
herausgegebenen Göttinger Musenalmanach
erschienen erstmalig ihre Balladen und
Gedichte.1901 folgte bei Cotta ein erster
Gedichtband und 1907 bei Diederichs in Jena
„Balladen und Lieder“. Zahlreiche weitere Bände
mit Balladen, Lyrik und Prosa sollten folgen. In
der Zeit von 1920-1926 arbeitete sie außerdem
als Journalistin bei der „Ostpreußischen
Zeitung“ und der „Königsberger Allgemeinen
Zeitung“. Ihre Vaterstadt verlieh ihr die
Ehrendoktorwürde und Ehrenbürgerschaft. Es
folgten hohe Auszeichnungen wie 1917 der
Kleistpreis, 1936 der Herderpreis sowie 1940 der
Goethepreis Frankfurts. Zu ihrem 50.Geburtstag
ehrte sie außerdem die Provinz Ostpreußen mit
einem lebenslangen Ehrensold.
Den Ehrennamen „Mutter Ostpreußens“ haben ihr vor allem ihre
vielen Gedichte eingebracht, die sich mit ihrer
Heimat und deren Geschichte beschäftigen, wie
etwa das berühmte Gedicht über die „Frauen von
Nidden“. Erschütternd ist angesichts des
sterbenden Königsberg ihr Gedicht „Abschied von
Königsberg“, in dem es im letzten Vers heißt:
„Wir wandern fort aus den zerstörten Gassen,
Doch wissen wir, die weinend Dich verlassen:
Wenn unsre Augen Dich nie wiedersehn,
Wenn wir vergehn,
Mit unserm Blut, mit unserm Hab und Gut,-
Daß noch in Dir, o Mutter, Leben ist,
Und daß Du, o Königsberg, nicht sterblich bist!
Während der dänischen Internierung werden ihre Gedichte von
Hand zu Hand weitergegeben und spenden vielfach
Trost und Zuversicht unter den verzweifelten
Landsleuten. So auch das Gedicht „O Erde
Dänemarks“, das den Tod von über viertausend
ostpreußischen Flüchtlingskindern beweint.
Immer wieder spricht aus ihren Gedichten auch das Leid um die
verlorene Heimat, wie in dem Gedicht „Es war ein
Land“. Nie verwunden hat sie einen auf der
Flucht verloren gegangenen Koffer mit
unersetzlichen Manuskripten. Dennoch erschienen
in den 50er Jahren ihre gesammelten Werke in 6
Bänden, 1965 schließlich der Band 7.
Der Dank des
Vaterlandes
Während in der SBZ ihre Werke unerwünscht waren, ehrte sie
die Bundespost zum 100.Geburtstag mit einer
Sondermarke. Zahlreiche Schulen und Straßen
trugen bereits ihren Namen und seitens vieler
Institutionen und Verbände gab es hohe Ehrungen.
Neben ihrem Sterbeort Bad Nenndorf, wo sich
Grab, Denkmal und Museum befinden, gedenkt man
in Wunsdorf, im salzburgischen Filzmoos und an
ihrem Königsberger Wohnhaus der großen
Dichterin. Im ostpreußischen Friedland erinnert
sogar eine zweisprachige Gedenktafel an das
ehemalige Agnes –Miegel -Gymnasium.
Zeitgleich mit dem Dahinsterben der ostdeutschen Vertriebenen
beginnt die bundesdeutsche Öffentlichkeit seit
einigen Jahren, das große Lebenswerk Agnes
Miegels auf ihre vermeintliche Nähe zum
Nationalsozialismus zu reduzieren. Im Zuge
dieser Diffamierungskampagne werden bundesweit
bis zum heutigen Tage Schulen und Straßen
umbenannt. Ist es Zufall oder Absicht, daß in
Bad Nenndorf plötzlich über die Liegezeit ihres
Grabes nachgedacht wird, obwohl Agnes Miegel das
Grab vor ihrem Tod 1964 für 50 Jahre gekauft und
bezahlt hat? Es stört offenbar wenig, daß Agnes
Miegel beim Entnazifizierungsverfahren als
unbelastet eingestuft wurde und sich ein Leben
lang zu Toleranz und Menschlichkeit bekannte.
Zur Einweihung der ostdeutschen Gedenkstätte in
Burg an der Wupper im Jahre 1950 verfaßte sie
den Spruch:
„Du hast in Krieg und Schrecken mich wunderbar
bewahrt,
Gabst Kraft dem müden Herzen auf später
Wanderfahrt
Gabst Zuflucht im vertrauten, im herben Wind vom
Meer,
Führtest zu deutschem Lande mich gnädig wieder
her,
Gabst Dach und Brot, gabst Treue, die niemals
mich verlassen,
Lehrtest mich täglich neue nichts
als den Haß zu hassen.“
Agnes Miegel ist und
bleibt ungeachtet aller haßerfüllten
Anfeindungen eine der ganz großen Dichterinnen
unseres Volkes, wie Börris von Münchhausen
einmal urteilte. Lassen wir uns in einer Zeit
der Geschichtslosigkeit unsere „Mutter
Ostpreußen“ und damit auch unser ostdeutsches
Kulturerbe nicht nehmen.
Gerd Kresse
Quelle:
Zeitschrift „Die Russlanddeutschen
Konservativen“
ZUSATZ zum
Artikel über Agnes Miegel:
1969, fünf Jahre nach dem Tode Agnes Miegels
(1879 – 1964), gründete Oberschulrat Erich
Grimoni zusammen mit einem Kreis alter Freunde
und Verehrer Agnes Miegel die
Agnes-Miegel-Gesellschaft (AMG) im
niedersächsischen Bad Nenndorf. Dort hatte die
Dichterin nach ihrer Flucht aus Königsberg
ihren Alterssitz gefunden. Die erste
Mitgliederversammlung der AMG fand am 9. März
1969, am 90. Geburtstag der Dichterin, statt.
Die Gesellschaft hat sich zur Aufgabe gemacht,
»das Andenken der Dichterin zu bewahren und in
der Öffentlichkeit lebendig zu erhalten, die
Bedeutung ihres Werkes herauszustellen, es zu
deuten und Maßnahmen durchzuführen, die diese
Aufgabe erfüllen helfen«
Bei Interesse an der Agnes-Miegel-Gesellschaft
wenden Sie sich bitte an:
AGNES_- MIEGEL - HAUS
Agnes-Miegel-Platz 3
31542 Bad Nenndorf
Telefon 05723 - 917 317
e-mail:
koppmarianne@web.de
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