Kaliningrad: 100 Personen demonstrieren gegen Atomkraftwerk
Hundert Anti-Atom Aktivisten gingen am 1. Oktober
trotz eines Demonstrationsverbotes der Behörden
im russischen Kaliningrad auf die Straße. Ihre
Forderung: die Bevölkerung der zwischen Polen
und Litauen gelegenen russischen Exklave solle
in einem Referendum zu ihrer Haltung zum
geplanten Atomkraftwerk befragt werden. Trotz
des Verbotes der Aktion ließ die Polizei die
Demonstration gewähren, die sich nach einer
Stunde auflöste.
Dies berichtet die russische Umweltorganisation
„Ecodefence“. In unmittelbarer Nähe zur Grenze
nach Litauen, so Wladimir Slivjak von „Ecodefense“,
liefen derzeit die Vorbereitungen zum Bau von
zwei Atomkraftwerksblöcken vom Typ WWER-1200.
Offiziell werden für das Projekt 5-6 Milliarden
Euro veranschlagt. Russische Umweltschützer
gehen jedoch davon aus, dass sich der Preis auf
9 Milliarden erhöhen könnte.
Besonders skandalös empfinden die russischen
Umweltschützer, dass das AKW in einem Gebiet
gebaut werden soll, dem es überhaupt nicht an
Strom mangele. So sei jetzt schon klar, worum es
gehe: um den Export von Atomstrom in die Länder
der Europäischen Union.
"Der Reaktor ist keineswegs sicher, eine große
Atomkatastrophe ist auch an diesem Reaktor
durchaus möglich.“ sorgt sich Wladimir Slivjak,
Sprecher von Ecodefense. Völlig unklar sei, so
Slivjak, der selbst aus Kaliningrad stammt, was
mit dem beim Betrieb des AKW entstehenden
Atommüll geschehen solle. Gebaut werden solle
der Reaktor in Petrosawodsk. Und dort habe man
weder die Erfahrung noch die entsprechenden
Fachleute. Für Slivjak ist klar, warum die
Behörden ein Referendum zum AKW scheuen. „Mehr
als 60 % der Bevölkerung des Gebietes
Kaliningrad lehnen dieses Atomkraftwerk ab. Der
Atomkonzern ´Rosatom` hat alles unternommen, um
ein Referendum zu verhindern und eine ehrliche
Diskussion im Gebiet Kaliningrad über dieses AKW
zuzulassen.“
Auf Abgeordnete und Stadtverordnete an verschiedenen
Orten des Gebietes Kaliningrad, so Slivjak, die
öffentliche Anhörungen zu dem Projekt gefordert
hatten, sei von Regierung und dem Betreiber des
AKWs massiver Druck ausgeübt worden. Faktisch
seien alle Bemühungen, dieses Projekt öffentlich
zu diskutieren, vom Atomkonzern „Rosatom“ im
Keim erstickt worden, berichtet Slivjak.
Lediglich in der kleinen Ortschaft Neman habe es eine
Anhörung zum AKW gegeben. Doch die Regie bei der
Anhörung habe „Rosatom“ geführt. Der Bevölkerung
habe man nur sehr eingeschränkt eine Mitwirkung
an dieser Anhörung ermöglicht, so die russische
Anti-AKW Gruppe „Ecodefense“.
Bernhard
Clasen
|