Tony Blair fordert neuen Dreißigjährigen Krieg
Unter
dem Vorwand eines „Krieges gegen den Terror“
schreitet die NATO auf ihrem Konfrontationskurs
gegen Rußland und China weiter voran.
Der frühere
britische Premierminister Tony Blair hat in
einem BBC-Interview am 3. Februar „eine
Generation lang Krieg“ gegen Al-Kaida und andere
Dschihad-Gruppen auf der ganzen Welt gefordert.
Blair verglich den jetzigen „Krieg gegen den
Terrorismus“ mit dem fast 50jährigen Kalten
Krieg des Westens gegen die Sowjetunion. Er
lobte überschwenglich den französischen
Präsidenten Hollande für dessen Militäreinsatz
in Mali gegen islamistische Rebellen, die
angeblich davor standen, die Hauptstadt des
Landes zu erobern.
Blairs Aufruf
ist Ausdruck der vom Britischen Empire
verfolgten Politik der „permanenten Kriege“, die
unter den gegebenen Umständen direkt auf einen
thermonuklearen Konflikt mit Rußland und China
zuführt, wenn man versucht, ihnen ihre
Souveränität und Unabhängigkeit zu nehmen.
Von Tony Blair
stammt die berüchtigte Doktrin des
„postwestfälischen“ permanenten Krieges, d.h.
der Plan, die jahrhundertealten Prinzipien des
Westfälischen Friedens, insbesondere die
nationale Souveränität, über Bord zu werden. Er
spielt auch eine ganz entscheidende Rolle als
„Ohrenbläser“ Präsident Obamas im Interesse der
britischen Krone.
In dem BBC-Interview
sprach er nicht über das Bündnis der
Anglo-Amerikaner mit Al-Kaida und anderen,
anglo-saudisch geförderten Terrorgruppen beim
Sturz Muammar Gaddafis in Libyen und beim
momentanen Umsturzversuch gegen die Regierung
Assad in Syrien.
Blairs verrückte
Tiraden über einen neuen Dreißigjährigen Krieg
fanden auch ihren Widerhall bei der am ersten
Februarwochenende stattgefundenen Münchener
Sicherheitskonferenz. NATO-Generalsekretär
Anders Fogh Rasmussen hielt dort eine Rede im
gleichen Ton, in der er verkündete, die NATO
behalte sich Einsätze auf der ganzen Welt vor,
wenn ihre Interessen gefährdet seien. Er sprach
dabei insbesondere von einem „Krisenbogen von
der Sahelzone bis nach Zentralasien“. Nach dem
Rückzug aus Afghanistan hätten die zukünftigen
Missionen der NATO globalen Charakter mit
Spezialtruppen, Eingreiftruppen und
Raketenabwehr, um die Vorherrschaft der NATO zu
sichern. Tatsächlich richtet sich die Drohung
der NATO, die nationale Souveränität zu
zerstören, um eine globale Finanzdiktatur
durchzusetzen, auch gegen den Pazifikraum.
Alles in allem
ging es bei der Münchner Konferenz vor allem
darum, Front gegen Rußland und China zu machen.
Das zeigte ganz besonders die Nachtsitzung am 1.
Februar, wo Kenneth Roth von der vom Spekulanten
George Soros finanzierten Menschenrechtsgruppe
Human Rights Watch Rußland die Schuld an den
60.000 Todesopfern im Krieg in Syrien gab, weil
es die Regierung Assad unterstütze.
Am nächsten
Vormittag nahm der russische Außenminister
Sergej Lawrow die Propagandisten des permanenten
Krieges aufs Korn und betonte, Militäraktionen
seien grundsätzlich nur mit Genehmigung des
UN-Sicherheitsrats zulässig. Der Westen
unterstütze in Libyen und Syrien internationale
Terrornetzwerke, obwohl diese auch einen
Terrorkrieg gegen den Westen selbst führten.
Die
Frontstellung war unübersehbar, ebenso die
Gefahr einer schnellen Eskalation.
Israels Angriff auf Syrien
Wenige Tage vor
der Münchener Konferenz hatte Israel eine
illegale militärische Aktion auf syrischem
Hoheitsgebiet unternommen, die der israelische
Verteidigungsminister Ehud Barak offen
rechtfertigte. Am 29. Januar drangen israelische
Kampfflugzeuge in den syrischen Luftraum ein und
bombardierten mindestens zwei Ziele: ein
Rüstungsforschungszentrum bei Damaskus und eine
LKW-Kolonne, die Israel zufolge angeblich
moderne Scud-Raketen an die Hisbollah im Libanon
liefern sollte.
Für diese
Behauptung wurden jedoch keinerlei Belege
vorgelegt. So oder so war Israels Vorgehen
absolut völkerrechtswidrig und dient dem Ziel,
die seit zwei Jahren andauernde Destabilisierung
Syriens durch NATO-Staaten, Katar und
Saudi-Arabien weiter zu eskalieren. Noch
schlimmer, es war die erste direkte militärische
Einmischung eines anderen Staates seit Beginn
dieser Destabilisierung. Israel hat mit weiteren
Angriffen gedroht, wodurch die Lage rasch außer
Kontrolle geraten könnte.
Es wurde
bestätigt, daß in Syrien russische Berater an
modernen Luftabwehranlagen tätig sind. Sollte
Damaskus versuchen, im Falle eines neuen
Angriffs die israelischen Flugzeuge
abzuschießen, könnte sich die Krise zu einem
regionalen oder globalen Konflikt ausweiten,
besonders da die NATO in der Südtürkei, nahe der
syrischen Grenze, Patriot-Luftabwehrraketen
stationiert hat.
Die Lage in
Syrien hat sich durch den israelischen Angriff
so entwickelt, daß sie jederzeit zum Auslöser
einen allgemeinen Krieges werden könnte, in dem
sich die NATO auf der einen und Rußland und
China auf der anderen Seite gegenüberstehen.
Diese akute Gefahr eines großen Krieges hat
möglicherweise den vom Westen eingesetzten
syrischen „Oppositionsführer“ Ahmad Moas
Al-Chatib bewogen, zum erstenmal direkte
Verhandlungen mit der Regierung Assad
anzubieten. In München traf sich auch der
iranische Außenminister Ali Akbar Salehi mit
Al-Chatib.
Aber
gleichzeitig verlangten US-Vizepräsident Joe
Biden und der derzeitige Sonderbotschafter der
UN für Syrien, Lakhdar Brahimi, ausdrücklich als
Voraussetzung für jegliche Arrangements zur
Beendigung der Kämpfe in Syrien den Rücktritt
Assads, eine völlig unrealistische Forderung.
Was den Iran
betrifft, wurde gegen Ende der Münchener
Konferenz angekündigt, daß sich Vertreter der
„5+1-Gruppe“ und des Iran am 25. Februar in
Kasachstan zu neuen Verhandlungen über Irans
Atomprogramm treffen werden. Der scheidende
US-Verteidigungsminister Leon Panetta sagte
gegenüber NBC-TV, der Iran habe noch
nicht entschieden eine Atombombe zu bauen.
Vizepräsident Joe Biden klang in München
ähnlich, es gebe noch „Zeit und Raum“ für
Verhandlungen, um eine militärische
Konfrontation zu vermeiden.
Der finanzielle Auslöser
Es ist kein
Zufall, daß die Eskalation hin zum großen Krieg,
die durch die Ereignisse in Südwestasien
vorangetrieben wird, genau in dem Augenblick
erfolgt, in dem sich das gesamte
transatlantische Finanzsystem dem Ausbruch einer
Hyperinflation nähert. Das angeschlagene
Finanzempire versucht, seine Macht zu erhalten,
indem es Chaos und Kriege unter seinen möglichen
Herausforderern schürt.
Einige der
ältesten und größten Banken im Westen stehen am
Rande des Zusammenbruchs, allen voran Monte dei
Paschi di Siena und die Deutsche Bank. Beide
Institute hatten, wie in den letzten Tagen
bekannt wurde, große Verluste mit
Derivatgeschäften erlitten, die dann aber nicht
zuletzt durch Rettungsaktionen der Zentralbanken
vertuscht wurden.
Auch auf dem
afrikanischen Kontinent droht die Lage außer
Kontrolle zu geraten. Die französische
Militärintervention in Mali, die von der
britischen Regierung Cameron nachdrücklich
unterstützt wird, wird keine kurze Aktion mit
schnellem Abzug werden. Eine allgemeine
Destabilisierung verbreitet sich von Libyen aus
nach Mali und ganz Nordafrika. Afrikanischen
Diplomaten zufolge steht Algerien, eines der
wenigen Maghreb-Länder, das den von London,
Paris und Washington organisierten Sturz
Gaddafis in Libyen bewußt nicht mitmachte, jetzt
weit oben auf der westlichen Liste für
„Regimewechsel“. In Nordafrika hat der von Tony
Blair gewünschte „generationenlange“ Krieg schon
begonnen.
Und es wird sich
erweisen, ob zukünftige Historiker Israels
Bombenangriff in Syrien als ersten Schuß im
Dritten Weltkrieg beschreiben werden.
Jeffrey Steinberg
Zeitung „Neue
Solidarität“. Februar 2013
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