‚An der Art und Weise, wie ein Volk seine Toten ehrt,
erkennt man die Höhe seiner Kultur.’
EINE GEDÄCHTSNISSTÄTTE
FÜR DIE ZIVILEN DEUTSCHEN OPFER
DES ZWEITEN WELTKRIEGES
DURCH BOMBEN, VERSCHLEPPUNG, VERTREIBUNG
UND IN GEFANGENENLAGERN
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Begrabe Deine Toten tief in das Herz hinein.
Sie werden dir im Leben lebendige Tote sein.
Und ihr werdet im Volke leben
Besser als in Stein und Erz.
Seele, vergiß sie nicht,
Seele, vergiß nicht die Toten!
In diesem Sinne wollen wir der 12 Millionen zivilen
deutschen Toten, Geschundenen und Geplagten
ein würdiges Denkmal mitten in Deutschland
und eine bildliche Darstellung ihres
schweren Schicksals in unserer Geschichte
mit zeitgemäßen und anschaulichen Mitteln
errichten.
Wir denken an das Leid der Frauen, Kinder und Greise,
der wehr- und waffenlosen deutschen
Menschen, die im Laufe des Zweiten
Weltkrieges und in der Not danach ihre
Lieben, Nächsten, Heimat, Hab und Gut,
Gesundheit und Leben verloren haben. Es sind
Millionen, deren Grab man heute nicht mehr
findet. Menschen, die in der Ostsee
ertrunken sind, die im Zuge der Vertreibung
irgendwo am Straßenrand liegen-geblieben
sind, die erschlagen wurden, die unter
Vergewaltigungen umkamen, die in den
Feuerstürmen der Bombennächte zu Asche
verbrannten, die in den Lagern verhungerten
oder zu Tode gequält, in unbekannten
Massengräbern verscharrt wurden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Freunde,
mein Name ist Wolfram Schiedewitz, ich bin der
1.Vorsitzende des Vereins Gedächtnisstätte,
der in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen
begangen hat. Wir sind heute hier
zusammengekommen, um unseren Anspruch auf
ein ehrenvolles Gedenken an die zivilen
deutschen Opfer zu unterstreichen und
unserer Forderung nach einem Nationalen
Gedenktag für diese Opfer Nachdruck zu
verleihen. Wir wollen es nicht mehr
hinnehmen, dass es fast 70 Jahre nach dem
Zweiten Weltkrieg für die zivilen deutschen
Opfer des 2.Weltkrieges keine Gedenkstätte
und keinen Gedenktag gibt. Dieser Zeitraum
des offiziellen Nichtgedenkens ist ein
einziger Skandal.
An die Opfer von Gewaltherrschaft erinnern in
Deutschland etwa 6000 Mahnmale – von
persönlichen ‚Stolpersteinen’ über riesige
Museums-komplexe bis hin zu mehrfach
fußballfeldgroßen Gedenkarealen.
Wir haben über 12 Mio. zivile deutsche Opfer in diesem
letzten Krieg zu beklagen gehabt und an
keiner Stelle in Deutschland wird dieser
Opfer in gebührender Form gedacht. Für ein
Volk mit Kultur und Anstand ein
erbärmlicher, ein unhaltbarer Zustand!
Die Bemühungen des Vereins Gedächtnisstätte, hier an
zentraler Stelle in Deutschland eine solche
Gedenkstätte zu errichten, wurden und werden
von den Herrschenden in Deutschland weder
unterstützt noch wohlwollend begleitet,
nein, ganz im Gegenteil, man versucht diese
Gedenkstätte mit allen Mitteln zu
verhindern. Uns wird vorgeworfen, wir würden
der deutschen Opfer gedenken, ohne Hinweis
auf die anderen Opfer. Ich kann mich nicht
erinnern, dass es bei den vielen
Gedenk-stätten und Mahnmalen, die bereits
bestehen, einen Einspruch von offizieller
Seite gegeben hätte, der an diesen Stellen
auch das Gedenken an die deutschen Opfer
gefordert hätte. Gibt es zweierlei Opfer?
Durch unsere 4-jährige Präsens in Borna und die
publizistische Begleitung des Projektes
haben wir aber landesweite Aufmerksamkeit
erzeugt, die sich mit unserem neuen Standort
in Thüringen erneut gezeigt hat. Der Verein
Gedächtnisstätte ist in weiten Kreisen
präsent, gerade auch in politischen Kreisen.
Und viele Zeitzeugen und geschichtsbewusste
Menschen in unserem Land haben auf diesen
Neubeginn gewartet. Mit unserem ersten Jahr
in Guthmannshausen und vielen hervorragenden
Referenten haben wir sowohl der
Vergangenheit als auch der Zukunft unsere
Referenz erwiesen. Auf diesem Niveau wird es
unseren Gegnern nicht gelingen, uns mit den
üblichen Schlagworten anzuprangern.
Wir nutzen inzwischen für unsere Vereinsarbeit ein
denkmalgeschütztes Gebäude, das bereits in
seinen Ursprüngen im 13.Jahrhundert als
Herrenhaus des Rittergutes Guthmannshausen
errichtet wurde. Es handelt sich um ein
Kultur- und Tagungszentrum, dass mit unserer
Arbeit im Sinne unserer Satzung unser
Gedenken in den geschichtlichen Zusammenhang
stellt. Der Blick zurück schließt den
kritischen Blick in die Zukunft mit ein. Wir
fordern eine der Wahrheit entsprechende
Geschichtsbetrachtung, auch in unseren
Schulen, die dort vermittelte Einseitigkeit
aller Vorgänge, die zu den kriegerischen
Auseinanderset-zungen des letzten
Jahrhunderts geführt haben, muß beendet
werden! Unsere Gedächtnisstätte wird hier
ein echtes sichtbares Zeichen setzen, davor
haben wohl einige große Angst. Das in Berlin
angestrebte ‚Sichtbare Zeichen’ soll, und
das ist bei der Zusammensetzung des
Stiftungsrates ja auch nicht verwunderlich,
sämtliche Vertreibungen aller Zeiträume
aufnehmen. Im Ergebnis wird ein Gedenken an
das größte Vertreibungsverbrechen der
Weltgeschichte, nämlich die Vertreibung der
gesamten deutschen Bewohner aus den
deutschen Ostgebieten, in einer aus
deutscher Sicht gestalteten Form und im besonderen der
geschicht-lichen Wahrheit verpflichtet, nur
in unserer Gedenkstätte stattfinden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde,
wo stehen wir in Deutschland heute und schon die
ganzen letzten fast 70 Jahre? Normalitäten
wie das Gedenken an unsere eigenen Opfer
sind selbst nach dieser langen Zeit nicht
erwünscht. Es geht um ein Gedenken an die
Opfer der damaligen Zeit, ein Trauern, das
in jedem Volk selbstverständlich ist. Wie
soll in diesem Geist ein friedvolles und
versöhntes Europa der Vaterländer entstehen
(was ja nach Lissabon und ESM nun auch nicht
mehr entstehen soll...)?
Für 12 Millionen zivile deutsche Opfer durch Bomben,
Verschleppung, Vertreibung und in
Gefangenenlagern gibt es auch nach nunmehr
bald 70 Jahren seit Kriegsende in
Deutschland keine zentrale Gedenkstätte und
Dokumentation. Als sog. ‚Mitwisser,
Mitläufer oder Mittäter’ waren sie ihr
unbeschreibliches Leiden und Sterben nach
offizieller Meinung selber schuld.
Jede historische Aufarbeitung oder Darstellung der
Geschehnisse und jegliches Gedenken führt
nach Ansicht der Gegner zu einem
‚Opferkult’, der die wahren Opfer dieser
Zeit herabwürdigt. Alle, die das Thema
anfassen, werden in den Massenmedien
gnadenlos niedergemacht. Darum meiden -bis
auf wenige Ausnahmen- Schriftsteller,
Historiker und Journalisten in unserem Land
dieses Thema. Menschen, die diese Greuel als
Zeitzeugen erlebt haben und sich für eine
unvorein-genommene Aufarbeitung und Trauer
einsetzen, werden als ‚Ewig-Gestrige’,
‚Rechtsradikale’ oder ‚Nazis’ verunglimpft.
Und diese Bezeichnungen gehen einher mit
Ausgrenzung, beruflicher Vernichtung,
schlimmstenfalls Gefängnis. Dies verträgt
sich nicht mit dem Art.5 GG der
Meinungsfreiheit in diesem Lande. Diese
Verfolgungen auf Grund des Einsatzes für
unsere eigenen Opfer müssen beendet werden!
Wovor fürchten sich unsere Gegner? Ist es das
plötzlich sich wandelnde Interesse der
Medien -einige Filme und
Zeitzeugenäußerungen gab es ja bereits im
Fernsehen- sowie einiger ausländischer
Historiker mit entsprechenden Berichten und
Büchern, die neueste Forschungs-ergebnisse
darlegen und die dadurch entstehenden
Nachfragen der jüngeren Generation zu den
bisherigen Tabuthemen Flucht, Vertreibung
und Bombenkrieg?
Ist es die Angst vor den ungeheuerlichen Dimensionen
des Leids, die bei einer sachlichen
Darstellung zutage treten? Sind es die
unvorstellbaren Opferzahlen, die
Leichenberge, die Massengräber, die
Scheiterhaufen, die jede Kritik und Vorwürfe
im Keim ersticken?
Sind es die Bedenken, unsere früheren Kriegsgegner und
heutigen Verbündeten nicht nur als Opfer,
sondern auch als Täter zu sehen, die
militärisch sinnlose Bombenangriffe befahlen
mit Hunderttausenden Toten und die
systematisch alle historischen Stadtkerne
quer durch Deutschland mit ihren
Kunstschätzen und Kulturgütern auslöschten,
als der Krieg längst entschieden war? Und
für diese Täter zu allem Überfluß heute noch
Denkmäler bauen!
Unser Konzept einer zentralen Gedächtnisstätte für
alle zivilen deutschen Opfer muß soviel
Staub aufwirbeln und Gegenwind erzeugen,
weil sie endlich den Vorhang des Schweigens,
des Herabspielens, des Verdrängens und auch
des Verleugnens zerreißt.
Die Gedächtnisstätte ist deshalb so unbequem, weil sie
erstmalig den Fokus ganz gezielt auf die
zivilen deutschen Opfer in ihrer Gesamtheit
legt. Sie ist notwendig, bevor die
Zeitzeugen für immer verstummen und um der
Jugend die deutsche Geschichte in ihrer
Gesamtheit und frei von jeder Einseitigkeit
vor Augen zu führen.
Die Wunden des Krieges können ja nur verheilen, wenn
die geschicht-liche Würdigung des
Gesamtthemas ohne Vorurteile und Tabus
aufgearbeitet wird, nicht nur von den
Deutschen. Die deutschen Vertriebenen sind,
auch wenn sie im Westen integriert wurden,
geistig großenteils heimatlos geblieben. Ihr
historisch einzigartiges Schicksal, nämlich
Opfer der größten Flucht- und
Vertreibungsaktion der Menschheitsgeschichte
gewesen zu sein, ist nahezu namenlos
geblieben, ist nicht ins Bewusstsein unseres
Volkes eingegangen.
Auch die Millionen deutscher Gefallener und
Bombenopfer, der Toten durch Hunger in der
Heimat und durch Schinderei in den
Deportations-kolonnen und Lagern der
Alliierten wird nur pflichtgemäß, mehr
unwillig als mit trauerndem Herzen, in
wenigen Worten am Volkstrauertag gedacht.
All diese Toten verdienen kaum noch Trauer,
denn für nicht allzu wenige Zeitgenossen
waren sie ja nur ‚Täter’, aber keine Opfer.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde,
was können wir in Guthmannshausen leisten, was können
wir erreichen? Unsere Gedenkstätte wird aus
12 Granitsteinen bestehen, die in einem
Kreis angeordnet um einen zentralen
Obelisken herumstehen. Die in langen
Diskussionen entwickelten Steininschriften
werden in geeigneter Form diesen Steinen
zugeordnet.
Der 1.Stein steht als Eingangsstein allgemein für alle
12 Millionen Opfer von Flucht und
Vertreibung, Bombenkrieg und Gefangenschaft
sowie im besonderen für die 3 059 000 Toten
deutschen Soldaten in Gefangen-schaft, den
Verschleppten und Zivilinternierten, den
Ermordeten und Hingerichteten.
Der 2.Stein steht für die 295 000 Toten und 2 012 000
Vertriebenen aus Ostpreußen.
Der 3.Stein steht für die 117 000 Toten und 619 000
Vertriebenen aus Westpreußen und Posen.
Der 4.Stein steht für die 330 000 Toten und 1 432 000
Vertriebenen aus Pommern.
Der 5.Stein steht für die 174 000 Toten und 424 000
Vertriebenen aus Ostbrandenburg.
Der 6.Stein steht für die 435 000 Toten und 3 153 000
Vertriebenen aus Schlesien und der
Oberlausitz.
Der 7.Stein steht für die 273 000 Toten und 3 000 000
Vertriebenen aus dem Sudetenland, Böhmen und
Mähren.
Der 8.Stein steht für die 560 000 Toten und 2 478 000
Vertriebenen aus den Siedlungsgebieten im
Osten Europas.
Der 9.Stein steht für die 700 000 Toten und Millionen
Verwundeten des Bombenkrieges.
Der 10.Stein steht für die 40 000 Opfer der versenkten Flüchtlings-schiffe.
Der 11.Stein steht für die 2 000 000 Opfer
geschändeter Frauen und Mädchen.
24.06.2012 - 7 -
Der 12.Stein steht für die 5 700 000 Toten deutschen
Zivilisten, die in der Heimat bei und nach
Kriegsende verhungerten, erfroren, den
Freitod suchten.
Diese Zahlen stehen jedem Stein zugeordnet auf der
Vorderseite. Darunter werden die Wappen oder
Symbole für die Opfergruppen zu sehen sein.
Auf der Rückseite können wir Aussprüche
berühmter Zeitgenossen der deutschen
Ostprovinzen oder Gedichte aus der Region
lesen.
Der zentrale Obelisk in der Mitte der Gedenkstätte hat
die Inschrift: