Wie
die Linke ihre Wähler veräppelt:
Für und gegen "Lissabon"
Man
kennt das System aus Bayern: Die CSU spielt gern (Pseudo-)Opposition,
springt in München laut brüllend als bayerischer
Löwe ab und landet bei Angela Merkel in Berlin als
Bettvorleger. An diesem Muster bewährter
Wählertäuschung orientiert sich nun auch die zur
"Linken" mutierte SED.
In
der kürzlichen Bundestagsdebatte zum EU-Vertrag
von Lissabon klagte die Linksabgeordnete Monika
Knoche unter heftigem Beifall ihrer Fraktion: "Was
jetzt zum Ratifizieren vorliegt, ist ein alter
Brief in neuem Umschlag, wie Giscard d'Estaing es
formuliert. Die gesamte Entstehung des Vertrages
erfüllt den Anspruch auf Demokratie, Transparenz
und Partizipation nicht. Wir halten sie schlicht
für undemokratisch... Noch nicht einmal eine
lesbare Version des Textes liegt vor."
Knoche sprach von einem "Irrweg", monierte die
fehlende "Sozialstaatlichkeit" und bezeichnete die
im Vertrag festgelegte EU-Militarisierung als "für
uns völlig indiskutabel". Fazit: "Einen solchen
Vertrag können wir nicht begrüßen."
Zur
gleichen Zeit ganz andere Töne aus dem Mund der
Europaabgeordneten der Linken, Sylvia-Yvonne
Kaufmann. In einem Interview der "EU-Nachrichten"
lobte sie den Lissabon-Vertrag geradezu
überschwenglich: Er diene der direkten Demokratie,
werde die Europäische Union "deutlich voranbringen
und die Integration vertiefen". Sie, Kaufmann, sei
froh, "daß es dank großer Kraftanstrengung vieler
Akteure möglich war, die Substanz des
Verfassungsvertrages zu retten". Die Kritik
Knoches an der Unlesbarkeit des Textes kontert
Kaufmann mit dem lapidaren Hinweis, es gebe "wohl
keinen Vertrag, der ohne weiteres leicht
verständlich wäre". Im übrigen gehe es darum,
"viele Vorurteile" über die EU zu "entkräften".
Sie, Kaufmann, sei stolz, "daß es Dutzende Artikel
im neuen Vertrag gibt, die ich als
Konventsmitglied mitgeschrieben habe".
Wie es gerade paßt
Gerechtigkeitshalber muß man zur Kenntnis nehmen,
daß die Linke mit ihrer Doppelzüngigkeit nicht
allein steht. Auch die anderen Bundestagsparteien
schlagen in Berlin einen ganz anderen Jargon an
als in Straßburg oder Brüssel. Zu Hause muß man
ein wenig auf die Wähler Rücksicht nehmen. Denn
Bundestagsdebatten werden im Fernsehen übertragen
und in den Zeitungen zitiert. Dagegen tagt das
Europaparlament fast unter Ausschluß der
Öffentlichkeit. Dort kann man unbemerkt
durchwinken, was in heimatlichen Gefilden wenig
Zustimmung findet.
Und
noch ein werbetechnischer Vorteil ergibt sich nun
für die Linke: Wo es angebracht ist, EU-freundlich
zu erscheinen, kann sie das Kaufmann-Interview
herausziehen. Wo aber eher ein EU-kritischer
Eindruck erwünscht ist, wird auf die Knoche-Rede
verwiesen. Die Gaukelei funktioniert wunderbar -
und zeigt, wie rasch sich die SED/Linke den alten
BRD-Bräuchen angepaßt hat. Eine glaubwürdige
Opposition sieht anders aus.
Von Klaus Hansen
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