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IRAN: Interview mit Shraga Elam über deutsch-israelische Rüstungskooperationen

Rundfunk: Israel erntete in letzter Zeit viel Kritik aus allen Richtungen. Nicht nur arabische Länder, sondern auch der UN-Generalsekretär, Hilfsorganisationen sowie Friedensaktivisten gehören ebenfalls zu den Kritikern Israels, insbesondere wegen des harten Vorgehens im Gazastreifen. Mit kritisiert werden auch einige westliche Länder, wie etwa die USA und Deutschland, weil sie das harte Vorgehen Israels entweder unterstützen, wie die USA, oder zumindest tolerieren wie Deutschland. In Deutschland wurden kürzlich Umfragen über deutsch-israelische Beziehungen durchgeführt. So veröffentlichte das deutsche Meinungsforschungsinstitut "Forsa" eine Meinungsumfrage über die Stellung Israels in der deutschen Außenpolitik. Demnach haben sich 56 Prozent der Befragten gegen eine Sonderstellung Israels in der Außenpolitik Deutschlands ausgesprochen. 23 Prozent waren dafür und 21 Prozent haben keine Meinung geäußert. Wie kommentieren Sie die Ergebnisse dieser Meinungsumfrage?

Elam: Zuerst ist es eine Meinungsumfrage und Meinungsumfragen sind nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Man muss sie immer mit Vorsicht genießen. Wichtig dabei ist die Fragestellung, also wie eine Frage formuliert ist. Man kann dennoch eine subjektive Meinung haben. Eins ist dazu zu sagen und zwar, dass immer mehr Menschen in Deutschland Mühe für die Unterstützung Israels haben. Das hat viele verschiedene Gründe. Man sieht zum Beispiel, dass die israelische Politik zunehmend kritisiert wird. Das sind hauptsächlich einfache Leute, die die israelische Politik kritisieren. Diese Kritik richtet sich vor allem gegen die Belagerung des Gazastreifens. Das ist eine schreckliche Politik gegenüber den Palästinensern. In Deutschland fällt die Doppelmoral der israelischen Politiker auf. Denn sie prangern immer wieder die Nazi-Verbrechen an, sie selbst aber begehen Verbrechen, die von der Logik und Absicht her nicht anders sind als die der Nazis. Insofern ist es verständlich, warum die Kritik in Deutschland an der israelischen Politik wächst. Man muss aber zwischen der Bevölkerung und Medien beziehungsweise Politikern unterscheiden. Wenn man in Deutschland unterwegs ist, hört man das Unbehagen der Menschen, aber ein ähnliches Unbehagen ist in den Medien und bei den Politikern entweder gar nicht oder sehr selten zu beobachten. Das heißt also, dass die Meinung der deutschen Bevölkerung in den Medien kaum Niederschlag findet.

Rundfunk: Worauf führen Sie das zurück?

Elam: Das ist kein spezielles Verhalten in Deutschland. Das ist ein Phänomen. Heutzutage gibt es für die deutschen Leute mehr die Möglichkeit, über Internet andere Inhalte, andere Meinungen zu sehen oder zu lesen. In Deutschland ist es vielschichtig. Die meisten Politiker und Journalisten sehen es nicht als opportun, das nicht zu schreiben, was sie denken, weil so etwas für ihre Karriere schädlich ist. Es gibt immer wieder neue Beispiele, wo die Leute nachplappern. Dazu kann ich den Fall "Möllemann" nehmen. Da waren sich deutsche Medien einig, einen Wahlslogan Möllemanns als antisemitisch, ja sogar antiisraelisch zu deklarieren, obwohl es keins war. Man hätte die Meinung Möllemann vielleicht in der einen oder anderen Weise kritisieren können, aber daraus eine antisemitische Meinung abzuleiten, war wirklich verwunderlich. Nun gucken wir, was der verstorbene Möllemann gesagt hat. Er sagte folgendes: "Ich, Jürgen Möllemann, unterstütze den Friedensprozess im Nahen Osten und für Israel sichere Grenzen". Er kritisierte die Politik des damaligen israelischen Ministerpräsidenten, Ariel Scharon, und den jüdischen Schriftsteller, Michael Friedmann. Es war nicht möglich, eine andere Meinung von den deutschen Medien und Politikern zu hören. Alle haben Möllemann Antisemitismus vorgeworfen.

 Ich glaube, Politiker und Medienmacher haben einfach Angst, die Wahrheit zu sagen und darüber zu berichten und das hängt, so meine Vermutung, mit ihren Karrierenüberlegungen zusammen. Die Situation kann sich ändern, aber seit Jahren beobachtet man eine solche Politik gegenüber Israel. Das ist seit Mitte der 70-er Jahre so, seitdem ist mit einer gewisser Ausnahme kaum möglich, eine konsequente Kritik gegenüber israelischer Politik zu üben und das entsprechende Unbehagen der Öffentlichkeit in Deutschland publik zu machen.

Rundfunk: Herr Elam, die deutsch-israelische Zusammenarbeit, vor allem im Rüstungsbereich, geht trotz dieser Kritik der deutschen Öffentlichkeit weiter, was bei den Menschen in der Nahostregion Ärger und Irritation auslöst. Kürzlich berichteten einige deutsche Medien über deutsch-israelische Rüstungskooperationen. Was wissen Sie darüber?

Elam: Anfang November gab es eine Meldung der amerikanischen Web-Site "Defence News". Ihre Korrespondenten in Tel Aviv und Washington berichteten über ein geheimes deutsch-israelisches Militärprogramm mit dem Namen "Blaue Vögel". Das Programm läuft seit fünf Jahren. Weder die deutsche noch die israelische Seite nannte dazu die Details. Es geht diesem Bericht der Web-Site "Defence News" nach um die Entwicklung eines "Frühwarnsystems", welches mögliche Raketenangriffe aus dem Iran auf Israel, früh erkennen und melden soll. Dabei geht es um eine großräumige Drohne mit dem Namen "Heron-2", mit einem Gewicht von ca. 4,5 Tonnen, also so groß wie eine Boeing 737. Sie soll Elektronik tragen, um eben einen möglichen Raketenangriff aus dem Iran früh zu erkennen und darüber Information zu liefern. Eine deutsche Rüstungsfirma, namens "Diehl BGT Defence" und eine israelische Firma, namens "Rafaela" arbeiten auf diesem Gebiet zusammen. Rafaela ist eines der größten israelischen Rüstungsunternehmen. Das ist aber gar nicht überraschend, denn die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel im Rüstungsbereich hat in den 50-er Jahren begonnen. Das galt als Wiedergutmachung seitens der Bundesrepublik Deutschland. Man kann anhand von Fakten sagen, dass ohne deutsche Unterstützung die israelische Aggression im Jahr 1967 gar nicht möglich gewesen wäre. Deutschland hat damals Israel nicht nur mit Finanzmitteln unterstützt, sondern auch mit Waffenlieferungen.
Man sagte sogar, dass Deutschland Israel beim Bau von Atombomben geholfen hat. Es gibt eine deutsche Journalistin, namens Gabi Weber, sie sitzt in Argentinien, die behauptet, dass Deutschland bei der Entwicklung israelischer Atombomben eine sehr entscheidende Rolle gespielt hat. Insofern ist dieses neue Projekt, von dem Sie anfangs sprachen, gar nicht überraschend.

Rundfunk: In welchem Stadium befindet sich diese deutsch-israelische Militärzusammenarbeit?

Elam: Wie ich schon eingangs sagte, meldete dies die Website Defence News und nicht etwa eine israelische Zeitung, oder eine deutsche Tageszeitung. Defence News muss jemanden im Umfeld gehabt haben, der ihr diese Meldung zugeleitet hat. Man wollte zudem vielleicht auch ein Signal an den Iran senden, das heißt, dass man auf mögliche Bombendrohung aus dem Iran reagiert. Iran und Israel befinden sich in einem, quasi einem Kalten Krieg. Wenn man an die Zeit des Kalten Kriegs zurückdenkt, zwischen zwei Blöcken, Ost und West, dann hat man viel in die Rüstungsindustrie investiert. Man wollte sich damit gegen mögliche Angriffe des Feindes schützen. Nun konkret zu der deutsch-israelischen Rüstungskooperation lässt sich sagen, dass sie noch nicht reif ist. Fünf Jahre danach ist das Projekt noch in der Entwicklungsphase.

Rundfunk: Welche Auswirkungen wird diese Zusammenarbeit auf die Entwicklungen im Nahen Osten haben?

Elam: Sicherlich wird jegliche militärische Unterstützung Israels eine destabilisierende Wirkung auf den gesamten Nahen Osten haben. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Deutschland und andere westliche Länder darauf achten, dass die Region zur Ruhe kommt, das heißt also, sie müssen dazu beitragen, dass dort Ruhe und Frieden einkehren und nicht mehr "Öl ins Feuer gießen." Es ist klar, dass je mehr Waffen dorthin gelangen, desto unstabiler wird diese Region. Dadurch erhöht sich die Gefahr einer militärischen Konfrontation. Schauen Sie sich die gegenwärtige Lage im Gazastreifen an. Israel fühlt sich militärisch so stark und überlegen, dass es jederzeit die bereits erzielten und vereinbarten Waffenruhen einseitig bricht, wie zuletzt am 04. November mit der Aggression im Gazastreifen. Am 04. November nutzte Israel die Präsidentschaftswahl in den USA und griff den Gazastreifen an und brach den bereits mit der Hamas erzielten wackeligen Waffenstillstand. Darüber veröffentlichten israelische Medien verschiedene Invasionsszenarios in Gaza, wie etwa "die israelische Luftwaffe plane flächendeckende Bombardements des gesamten Gazastreifens wie vor zwei Jahren im Libanon". Dazu sagte der noch amtierende israelische Ministerpräsident, Ehud Olmert, ein Angriff ist eine Frage der Zeit, also es geht nicht darum, ob dieser Angriff stattfindet, sondern wann er stattfindet. Denn in Israel sind derzeit verschiedene Kräfte am Werk, die sehr stark für eine Konfrontation mit Hamas eintreten. Die Erfahrung zeigt, dass es innerhalb der israelischen Militärs Kräfte gibt, die unabhängig von der Zivilregierung agieren und Konfrontationen provozieren. Dennoch muss ein Punkt erwähnt werden und zwar, dass sich die USA zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wo sie selbst in einer schwierigen Finanz- und Wirtschaftskrise stecken, wenig Interesse haben, Israel bei einer möglichen Militärkonfrontation zu unterstützen.

Quelle: I.R.I.B - Das Deutsche Programm http://german.irib.ir/

 

 
 

  
  

 

 

  

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