Tagblatt: Abwehrsysteme sollen nach Kaliningrad
Vor den NATO-Gesprächen über die Raketenabwehr
kündigt Russland ein Waffensystem an der
Westgrenze an. In Brüssel kommt es zum
Schlagabtausch.
Moskau/Brüssel: Das geplante
US-Raketenabwehrsystem in Europa sorgt für
neuen Streit mit Russland. Vor dem Treffen
der Nato-Außenminister in Brüssel kündigte
Russland die Stationierung von
Flugabwehrraketen an der Ostsee an. Die
C-400 Triumph (Nato-Code: SA-21 Growler)
würden in die Exklave Kaliningrad um das
frühere Königsberg verlegt. Das sagte ein
Sprecher des Verteidigungsministeriums in
Moskau. Die NATO reagierte irritiert.
Die angekündigten Raketenstationierungen seien
"Geldverschwendung", erklärte
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen
am Rande von Beratungen der 28 Außenminister
des Verteidigungsbündnisses in Brüssel.
"Dieses Geld könnte nutzbringender zum Wohle
des russischen Volkes für die Schaffung von
Arbeitsplätzen und die Modernisierung der
russischen Gesellschaft ausgegeben werden",
sagte Rasmussen.
Moskau sieht den geplanten Raketenschild als Bedrohung
seiner Sicherheit und seines
Atomwaffenarsenals und hat wiederholt ein
gemeinsames System vorgeschlagen. Die Nato,
die in dem System einen Schutz etwa gegen
Raketen aus dem Iran sieht, bietet Moskau
lediglich zwei separate, wenn auch eng
verbundene Systeme an. "Es ist ein
gemeinsames Interesse, unsere Bevölkerung
gegen eine echte Bedrohung durch Raketen zu
schützen", betonte Rasmussen.
Der außenpolitische Sprecher der
Unionsfraktion im Bundestag, Philipp
Mißfelder (CDU), zeigt unterdessen
Verständnis für die Sorgen der Russen. "In
Russland nehmen viele Politiker und auch
viele Menschen letztendlich den
Raketenschirm als etwas wahr, was gegen sie
gerichtet ist und trauen deshalb der ganzen
Sache nicht."
Das russische System C-400 kann sowohl gegen
Kampfflugzeuge und Marschflugkörper als auch
gegen Kurz- und Mittelstreckenraketen
eingesetzt werden. Ebenfalls geplant ist die
Stationierung von Boden-Boden-Raketen vom
Typ Iskander (Nato-Code: SS-26 Stone) in
Kaliningrad, das zwischen den NATO-Staaten
Polen und Litauen liegt. Zuvor hatte
Russland bereits ein Radarsystem in Betrieb
genommen, das 1000 Kilometer weit in den
NATO-Luftraum hineinblicken kann.
Dieter
Ebeling, dra
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