Die NATO- Mission in
Afghanistan –
den Karzai-Heroin-Clan
schützen?
Neu
aufgetauchte sensationelle Beweise zeigen
Verbindungen des Bruders des afghanischen
Präsidenten, Ahmed Wali Karzai, zur größten
Opiumproduktions-Mafia in Afghanistan. Laut
Dokumenten, die der »New York Times«
vorliegen, hat sich 2004 außerhalb von
Kandahar der folgende Vorfall abgespielt:
Afghanische Sicherheitskräfte fanden auf einem
Lastwagen unter Betonblöcken versteckt eine
riesige Ladung Heroin, woraufhin der örtliche
afghanische Kommandant, Habubullah Jan, diesen
Lastwagen beschlagnahmte und seinen
Vorgesetzten informierte. Kurz darauf erhielt
Kommandant Jan einen Anruf von Ahmed Wali
Karzai, dem Bruder von Präsident Hamid Karzai,
der ihn anwies, den Lastwagen und die Drogen
wieder freizugeben. Jan sagte, er habe dieser
Anweisung Folge geleistet, nachdem er einen
weiteren Telefonanruf von Shaida Mohammad,
einem Assistenten von Präsident Kazai,
erhalten habe, mit der Weisung, den Lastwagen
freizugeben. Jan wurde später zu einem
politischen Gegner Präsident Karzais; 2007
beschuldigte er in einer Rede vor dem
Parlament Ahmed Wali Karzai der Beteiligung am
Drogenhandel. Im Juli 2008 wurde Jan wurde auf
dem Weg in seine Wohnung in der Provinz
Kandahar erschossen. Dieser Mord wurde
offiziell den »Taliban« angelastet.
Mitglieder der afghanischen Exilgemeinde in Deutschland haben
mir persönlich versichert, Präsident Karzai
sei seit 2004 als »Hauptfigur der afghanischen
Opiummafia« bekannt. Laut diesen Berichten,
die bis zum Auftauchen der jüngsten Beweise
nicht bestätigt werden konnten, sind die
Angehörigen des Karzai-Clans die etablierten
Drogenbosse des Paschtunen-Stamms, wobei der
Popalzai-Clan eine besondere Roller spielt.
Der Opiumanbau dieser Clans konzentriert sich auf die
Provinzen Helmand und Kandahar im Süden des
Landes, wo hauptsächlich britische
NATO-Streitkräfte stationiert sind. Wali
Karzai ist Vorsitzender des Provinzrats von
Kandahar. Angeblich ist er der am meisten
gehasste und gefürchtetste Mann im südlichen
Afghanistan. Seine Ernennung zum Bezirksrat
verdankt Wali seinem Bruder, dem Präsidenten.
Dem Bericht der New York
Times zufolge stoppten Einheiten
der amerikanischen und afghanischen
Drogenbekämpfung im Jahre 2006 erneut in der
Nähe von Kabul einen Lastwagen, der 110 Pfund
Heroin geladen hatte. Dieser Fall wurde zwar
den US-Behörden berichtet, doch diese Meldung
hatte dem Vernehmen nach keinerlei Folgen.
Damals lagen den US-Behörden angeblich Beweise
für eine Verbindung zwischen der
Drogenlieferung und einem Leibwächter vor, der
als Mittelsmann für Ahmed Wali Karzai galt.
Die Aussagen über die Beteiligung des
Präsidentenbruders bei dem Vorfall sind
niemals untersucht worden.
Laut vorliegenden Berichten sind weder die
US-Drogenbekämpfungsbehörde (Drug
Enforcement Administration, DEA),
die auch für die Drogenbekämpfung in
Afghanistan verantwortlich ist, noch die neu
geschaffene afghanische
Drogenbekämpfungsbehörde den Anschuldigungen
gegen den Bruder des Präsidenten nachgegangen.
Wie die
New York Times berichtet, hätten
sich in Washington sowohl die DEA als auch das
Büro des DNI (Direktor Nationale
Nachrichtendienste) darüber beschwert, dass
»das Weiße Haus die Haltung begünstigt, Ahmed
Wali Karzai wegen der politischen Brisanz der
Angelegenheit nicht anzutasten«. Einige
meinen, es sei vielleicht mehr als nur Brisanz
im Spiel.
Rekord-Opiumernten
seit 2001
Der Skandal kann möglicherweise direkt auf das Weiße Haus
unter Bush und Cheney zurückschlagen. Der
jetzige Präsident Afghanistans, Hamid Karzai,
war früher ein Instrument der CIA und ein
guter persönlicher Bekannter des damaligen
US-Vizepräsidenten George H.W. Bush (senior)
und des damaligen CIA-Chefs William Casey, als
er beim Aufstand der von der CIA gelenkten
Mudschaheddin
gegen das von den Sowjets gestützte
Nadschiibullah-Regime Afghanistans
kooperierte.
Seit der amerikanischen Invasion Afghanistans im Jahre 2001
ist die Regierung Bush nicht energisch gegen
den afghanischen Drogenhandel vorgegangen.
Kritiker behaupten, die Regierung Karzai sei
dagegen und das amerikanische Militär zögere,
sich einzumischen.
Unter dem Schutzschirm der militärischen Besetzung durch US-
und NATO-Truppen ist die Opiumproduktion in
Afghanistan seit 2001, dem letzten Jahr der
Taliban-Herrschaft,
sprunghaft angestiegen. Nach Angaben des
offiziellen UN-Drogenbekämpfungsprogramms zur
Überwachung der Opiumproduktion in Afghanistan
wurde 2001 dort nur auf einer Fläche von 8.000
Hektar Opium, dem Hauptbestandteil von Heroin,
angebaut, da die
Taliban in den Jahren zuvor ein massives Programm zur
Vernichtung von Opium durchgeführt hatten.
1999, also noch bevor die
Taliban
den Süden Afghanistans unter ihre Kontrolle
gebracht hatten, war auf einer Fläche von
91.000 Hektar Opium angebaut worden. Den
Taliban
war es gelungen, den Opiumanbau drastisch
einzudämmen.
Nach Zahlenangaben der UN war der Opiumanbau im Jahre 2004,
nach drei Jahren US-Besetzung und der
Herrschaft Karzais, auf über 131.000 Hektar
angestiegen. 2007 betrug diese Zahl fast
200.000 oder geschätzte 95 Prozent des
weltweiten Opiumanbaus. Der übergroße Teil der
Anbaufläche befindet sich in den Provinzen
Kandahar und dem benachbarten Helmand.
Die Bush-Familie ist seit den 1980er-Jahren eng mit dem
Karzai-Clan verbunden.
Dass die Regierung Bush seinerzeit Karzai ins Präsidentenamt
hievte, hat zu Vorwürfen geführt, Karzai wäre
nur eine amerikanische »Marionette«. Als
Karzai 2004 schließlich offiziell sein Amt
antrat, nahm Vizepräsident Dick Cheney an der
Zeremonie teil. Vier Jahre später sagte
Afghanistans Präsident in einem Interview:
»Wenn man mich als Marionette bezeichnet, weil
ich Amerika dankbar bin, dann kann man mir
ruhig diesen Spitznamen verpassen.« Karzai
verdankt seine Ernennung der Vermittlung des
ehemaligen US-Botschafters in Afghanistan,
Zalmay Khalilzad.
Wie ich in meinem Buch
Apokalypse
jetzt! beschreibe,
gehört Khalilzad zum Kern der neokonservativen
Kriegsfalken, die seit 2001 den
außenpolitischen Apparat der Bush-Regierung
bestimmen. Zusammen mit Donald Rumsfeld und
Dick Cheney sowie den bekanntesten
neokonservativen Kriegsfalken wie Paul
Wolfowitz, dem ehemaligen Chef der Weltbank,
der vorher im US-Pentagon auf Posten war,
gehörte Khalilzad im September 2000 zu den
Architekten des Berichts
Project for
the New American Century (Projekt
Neues Amerikanisches Jahrhundert). Khalilzad,
der übrigens wie Karzai ein in Afghanistan
geborener Paschtune ist, war ein enger
Vertrauter von Obamas außenpolitischem Berater
Zbigniew Brzezinski; angeblich war es seine
Idee, in den 1980er-Jahren mit der Ausbildung
der sowjetfeindlichen Mudschaheddin zu
beginnen.
Als eines der Gründungsmitglieder von
Project for
the New American Century
unterzeichnete Khalizad im Januar 1998 den
berühmten Brief an Präsident Bill Clinton, in
dem dieser aufgefordert wurde, »Saddam Hussein
und sein Regime zu entmachten, unter vollem
Einsatz aller diplomatischen, politischen und
militärischen Mittel«.
Zalmay Khalilzad ist seit 1979 der amerikanische Architekt des
Eurasischen Krisenbogens zur Einkreisung und
Isolierung Russlands.
Khalilzad, der seit der Regierungszeit Ronald Reagans die
US-Politik in Afghanistan und dem gesamten
Mittleren Osten maßgeblich bestimmt, ist
gegenwärtig US-Botschafter bei den Vereinten
Nationen. Es ist ein sehr enges Geflecht, das
die Regierung Bush, den Karzai-Clan, den
Neokonservativen Khalilzad und offensichtlich
Afghanistans lukratives Weltmonopol auf Heroin
miteinander verbindet.
F. William Engdahl
http://info.kopp-verlag.de
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