Ursula Haverbeck: Wir sind ein Volk!
Beitrag
auf der Kundgebung der Rußlanddeutschen in
Düsseldorf am 18. April 2009
Liebe Landsleute aus dem fernen Osten und dem nahen
Westen.
Es ist mir eine Ehre, an dieser Kundgebung
mitzuwirken. Sie haben ein so schweres Schicksal
hinter sich, daß Sie jede Unterstützung erwarten
können.
Als vor etwa 20 Jahren die Sowjetunion zerfiel und der
bolschewistische Machtapparat zusammenbrach, da
war es für die verschleppt in Rußland lebenden
Deutschen nicht die Frage, ob es nun ein besseres
Leben in Rußland für sie geben würde, sonder da
war die Frage: können wir jetzt auswandern, was
ist dafür zu tun?
Wie können wir zurückkehren in das Land, aus dem
unsere Vorfahren vor mehr als zweihundert Jahren
auswanderten? Wir wollen wieder „Heim ins Reich“,
so wie es von den Auslandsdeutschen aus gesehen
wurde. Die Erlebnisse zur Zeit der
bolschewistischen Revolution und im 2. Weltkrieg
waren so ungeheuerlich, daß es nicht
erstrebenswert schien, in Rußland zu bleiben. Es
war alles unberechenbar geworden.
Immer noch einander fremd
Nun leben Sie bereits zehn bis zwanzig Jahre hier in
der Bundesrepublik und immer noch wissen die
Bundesbürger in der Mehrheit kaum etwas von
der Geschichte und dem Schicksal der
Rußlanddeutschen und das Wenige, was sie wissen,
ist oftmals falsch. Das ist kein Wunder, wenn
sogar in den Schulbüchern die Leiden der Deutschen
nur am Rande erwähnt werden und vieles entstellt
wiedergegeben wird.
Ja, darinnen sind sogar handfeste Lügen zu finden.
Genau das ist der Anlaß für diese Kundgebung, in der
es um die Wahrheit in der Geschichtsschreibung
geht.
In keinem Fall kann man unter solchen Umständen ein
Aufeinanderzugehen erwarten, was doch so
wünschenswert wäre. Besonders schlimm wird es,
wenn Gruppen, wie zum Beispiel die gegen diese
Kundgebung demonstrierenden Autonomen, die
Rußlanddeutschen als Rechtsextremisten, als
„Nazis“ beschimpfen. Wie kommen diese Leute
überhaupt auf eine solche Behauptung? Ausgerechnet
für die leidgeprüften Wolga-, Besserabien- oder
Wolhyniendeutschen?
Sie wurden in Rußland verfolgt um ihres Deutschseins
und auch um ihres Glaubens als Protestanten
unterschiedlicher Prägung willen. Sie wollten
Deutsche bleiben und an ihrem Glauben festhalten.
So kamen und kommen sie als bewusste Deutsche und
praktizierende Christen in die Bundesrepublik und
mussten erleben, daß viele, insbesondere junge
Menschen, hier gar nicht deutsch sein wollen und
Christen sind sie schon lange nicht mehr. Für
diese Gruppen ist Deutsch-sein-wollen faschistisch
und das ist zu bekämpfen. Die Rußlanddeutschen,
die die bolschewistische Gewaltherrschaft mit all
den Enteignungen, Verschleppungen und mörderischer
Ausbeutung am eigenen Leibe erfahren haben, müssen
erkennen, welche Macht diese „Linken“ hier haben.
Sind sie weder auf dem Wege in eine Diktatur?
Von Hunger und Elend der bolschewistischen
Arbeitslager aus gesehen, musste das Leben in der
Bundesrepublik paradiesisch erscheinen, ringsum
wohlhabende, satte Bürger – sehr wohlhabend,
verglichen mit dem Leben z.B. in Kasachstan – eine
nie gekannte Freiheit und keine nächtlichen
Verhaftungen.
Doch wie so oft im Leben: Der Schein trügt!
Freiheitsrechte und Rechtssicherheit
Die Rußlanddeutschen erwarteten, nun endlich als
Deutsche anerkannt und in den Freiheitsrechten
geschützt zu sein.
Doch sie erlebten falsche Berichte in Schulbüchern
über ihr Schicksal und plötzlich galt die Freiheit
der Forschung und Meinung nicht mehr. Eine
Korrektur wurde wie auch jede offene Erörterung
über die Geschichte verweigert.
Erinnerte das nicht fatal an die Diktatur in Rußland,
der sie gerade zu entkommen gedacht hatten?
Der zweite noch tiefer gehende Schock ist die ihnen
nun bereits zum zweiten Mal begegnende
Gegendemonstration.
Das Grundgesetz, immerhin die verbindliche
Rechtsgrundlage der BRD, sagt doch eindeutig in
Art.B: „Alle Deutschen haben das Recht sich ohne
Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen
zur versammeln“. Inzwischen wird jedoch für eine
Versammlung unter freiem Himmel eine Anmeldung
gefordert. Das haben die Veranstalter dieser
Kundgebung jedesmal gemacht.
Wiese kann es bei dieser Rechtlage eine
Gegendemonstration geben?
Diese hat nur ein Ziel, das Grundrecht außer Kraft zu
setzen, indem sie die grundgesetzlich garantierte
friedliche Kundgebung behindert und unmöglich zu
machen sucht. Das aber kann doch nicht anders
beurteilt werden als ein schwerwiegender
Verstoß gegen die geltende Rechtsordnung.
Warum wird das zugelassen? Sind die totalitären
Verhältnisse in diesem Land schon so weit
gediehen, daß ungestörte Meinungsäußerung einer
Bevölkerungsgruppe, die sich diffamiert empfindet,
staatlicherseits mit Hilfe dieser Chaoten
abgeschafft werden soll?
Hinzu kommt noch, daß alle Beteiligten wissen, daß
diese „Gegendemonstranten“ gewalttätig sind und
eine ihnen nicht genehme Meinung mit allen Mitteln
zu unterdrücken suchen und, wenn die Polizei
eingreift, sich nicht scheuen mit Steinen und
Flaschen auf Polizisten zu werfen.
Anstatt also dafür zu sorgen, daß ein derartiger
Verstoß gegen die Rechtsordnung gar nicht erst
zugelassen und jeder Versuch zu dergleichen
bestraft wird, werden Polizei-Hundertschaften
aufgeboten und diesen zugemutet, sozusagen einen
lebenden Schutzschild zwischen den zur Kundgebung
Versammelten und ihren Gegnern zu bilden.
Hier ist festzuhalten: Noch nie haben Russlanddeutsche
irgendeine Versammlung der Chaoten zu behindern
versucht. Diese wurden vielmehr aufgefordert zu
Gesprächen, damit sie überhaupt wissen, wogegen
sie sind.
Außerdem kostet ein solches Polizeiaufgebot den
Steuerzahler Unsummen, die besser für Kindergärten
ausgegeben würden. Die Steuern aber zahlen in der
Regen nicht die Chaoten, sondern die arbeitende
Bevölkerung und dazu gehören auch die
Rußlanddeutschen.
Dabei wäre es doch so einfach, an einem Tag, an einem
Ort nur eine Demonstration!
Der Ruf der Zaren
Wieso zogen die Deutschen eigentlich vor hunderten von
Jahren nach Rußland? Nicht als Eroberer um mit
Waffengewalt Land zu gewinnen, sonder deutsche
Bauern und Handwerker und Waffenkundige wurden von
Peter dem Großen (1682-1725) und einige Jahrzehnte
später von Katharina, ebenfalls die Große genannt
(1762-1796), um ihrer Tüchtigkeit willen in das
weite, menschenleere Land geholt. Sie erhielten
viele Privilegien, denn die Zaren brauchten diese
kundigen Deutschen, wenn sie ihr Land
modernisieren wollten. Diese richteten
landwirtschaftliche Musterbetriebe ein, bauten
Maschinen und Faktoreien und bildeten Soldaten und
Offiziere aus für die Kriege des Zaren, z.B. gegen
Napoleon.
Ihre Tüchtigkeit und Arbeitsfreude trug ihnen nicht
nur wirtschaftliche Erfolge ein, sondern auch Neid
und Missgunst und dann, in der bolschewistischen
Revolution, dasselbe Schicksal wie der russischen
Oberschicht: weil wohlhabend, verjagt, enteignet
und ermordet.
Als ich 16, 17 Jahre alt war, da lasen wir mit
Begeisterung die Bücher von Erika Müller-Hennig:
„Die Wolgakinder“ und „Abenteuer um Saratow“. Wir
erfuhren noch etwas über die Russlanddeutsche im
Frieden, in der Revolution und im Krieg. Wir
hörten auch noch persönliche Berichte über das
Geschehen in Rußland, denn viele Deutsche waren
gen Westen geflohen vor der Schreckensherrschaft
der Bolschewisten.
Heute wird das alles verschwiegen. Die Sieger
schreiben wie eh und je die Geschichte. Die Sieger
sind die Guten und die Verlierer im Falle der
Weltkriege, die Deutschen, das böse Tätervolk –
wie es heute behauptet wird. Doch das sagen
diejenigen, die damals nicht dabei waren. Es ist
schon merkwürdig, daß diese jungen Chaoten, die
weder in den dreißiger Jahren noch in Rußland
gelebt haben, so viel besser wissen, wie das
damals war, als diejenigen, die damals lebten.
Grundrechte und Grundgesetz
Noch werden in der Bundesrepublik Politiker, Beamte
und Richter auf die Grundrechte und das
Grundgesetzt verpflichtet. Jeden Tag hören wir
etwas von dem freiheitlichen Rechtsstaat – zum
Beispiel im Gegensatz zu China und auch zu Rußland
– in welchem wir leben.
Freiheit und Recht sind hohe Güter – das wissen gerade
die Rußlanddeutschen. Doch sie müssen geschützt
und verteidigt werden, nicht nur meine Freiheit,
sondern die Freiheit schlechthin.
Die Meinung des Andersdenkenden gilt es zu schützen.
Die Gegendemonstranten wollen nur ihre eigene
Meinung gelten lassen. Das aber ist totalitär.
Es ist dankenswert, daß die große und auch heute noch
durch Tüchtigkeit auffallende Minderheit der
Rußlanddeutschen in der BRD sich für Wahrheit in
der Geschichte einsetzt.
Das Antidiskriminierungsgesetz verbietet jede
Herabsetzung und Kränkung dieser Menschen nur weil
sie als Deutsche gelitten haben und immer noch
Deutsche sein wollen nach ihrer religiösen
Weltanschauung.
Deutschland braucht gerade solche Menschen, die
wissen: Nur die Wahrheit macht uns frei, wie es im
Johannesevangelium heißt.
Es bekümmert mich zutiefst, daß gerade Sie hier im
sogenannten freien Westen ein solches
hasserfülltes Auftreten von unwissenden und
manipulierten jungen Linken erleben müssen.
Deutschland ist in die Hände der Geldräuber gefallen,
die uns in Armut, Arbeitslosigkeit und Unfreiheit
stürzen.
Doch das
Deutsche Volk hat schon so machen Freiheitskampf
bestanden. Wir müssen nur die dritte Strophe
unserer Nationalhymne beherzigen:
“Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes
Unterpfand, danach lasst uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand.“
Denken wir immer daran, was Ernst Moritz Arndt in den
Befreiungskriegen 1812 dichtete:
„Die Treue steht zuerst, zuletzt, am Himmel wie auf
Erden.
Wer ganz die Seele dreingesetzt, dem soll die Krone
werden.“
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