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s s e n b e d e u t e t E i n f l u s s n
e h m e n …
Das Selbstbestimmungsrecht
der Bürger der Krim kann durch völkerrechtliche
Verträge oder die Verfassung der Ukraine nicht
aufgehoben werden. Die Krim hatte und hat als
autonome Republik jedes Recht, einen eigenen Weg
zu gehen und sich von der Ukraine zu separieren.
Die Hilfestellung Rußlands beim Sezessionsprozeß
der Krim war verhältnismäßig und kein Verstoß
gegen das Völkerrecht.
Der Kampf um die
Krim als Problem des Staats- und Völkerrechts
1.
Im Kampf um die Krim wirft der Westen Rußland
und dessen Präsidenten Wladimir Putin vor, der
Einsatz von Soldaten, offen oder verdeckt, habe
das Völkerrecht verletzt. Rußland habe die Krim
annektiert, meint gar die Bundeskanzlerin. Das
überzeugt nicht. Sie ist schlecht beraten. Die
Vorwürfe scheinen die Sanktionen, wenn nicht die
„indirekte“ Aggression der westlichen Bündnisse,
der NATO und der Europäischen Union (EU), gegen
die Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS),
insbesondere gegen die Russische Föderation,
rechtfertigen, jedenfalls legitimieren zu
sollen. Die Fakten kennt die Öffentlichkeit nur
verzerrt. Auch ich bin auf die allgemein
zugänglichen Informationen angewiesen. Aber wer
sich zu dem Konflikt äußert, muß versuchen, die
Tatsachen von der Propaganda, welche die meisten
jedenfalls der deutschen Medien zu den
Ereignissen in der Ukraine verbreiten, zu
unterscheiden. Dabei helfen die Einschätzung der
Interessenlage und die Kenntnis der Rechtslage.
Die NATO, geführt von den Vereinigten Staaten
von Amerika (USA), will sich nach Osten bis an
die Grenze Rußlands ausdehnen. Das ist ein
wesentlicher Zweck der stetigen Erweiterung der
EU, der wirtschaftlichen und auch politischen
Basis des europäischen Teils der NATO. Die EU
kann als Staatenverbund, wenn nicht Bundesstaat,
von wenigen Führern dominiert, leichter als die
vielen Einzelstaaten von den USA und deren
Diensten einer gemeinsamen Politik verpflichtet
werden. Daran ändert nichts, daß nicht alle
Mitgliedstaaten der EU der NATO angehören, wie
insbesondere wegen ihrer fragilen, wenn nicht
obsoleten Neutralität nicht Österreich, Schweden
und Finnland. Wenn die Ukraine zur NATO gehört,
wie das die USA angestrebt haben und wohl nach
wie vor anstreben, wird sie Standort von gegen
Rußland und die GUS gerichteten Waffen werden,
jedenfalls werden können. Mit dem Umsturz in der
Ukraine ist es bereits gelungen, diese aus der
GUS herauszubrechen. Das geht gegen die
Sicherheitsinteressen der Russischen Föderation
und auch der GUS. Rußland hat nach dem
Zusammenbruch der Sowjetunion die Erweiterung
der NATO nach Osten zugelassen, auch schon die
Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands in der
NATO. Das war eine Veränderung der
weltpolitischen Lage. Die freilich nicht
vertraglich gesicherte Zusage, die NATO nicht
weiter nach Osten auszudehnen, hat der Westen
nicht eingehalten. Wenn ein Bündnis, zumal ein
Militärbündnis wie die NATO, zu mächtig wird,
wird es zur Bedrohung der anderen Staaten und
büßt seine freiheitliche Rechtfertigung ein.
Die Ukraine war ein Teil Rußlands und der
Sowjetunion. Sie gehörte auch als Mitglied der
GUS weiter zum Einflußbereich Rußlands, hat sich
aber mehr und mehr dem Westen zugewandt und will
und soll schnellstmöglich Mitglied der EU
werden. Die Krim befindet sich in einer
besonderen Lage. Sie hat mit großer Mehrheit für
die Sezession von der Ukraine und für die
Aufnahme in die Russische Föderation gestimmt.
Diese hat sie aufgenommen. Rußland konnte und
kann aus geschichtlichen und mehr noch aus
geostrategischen und militärischen Gründen nicht
auf die Krim verzichten. Zur Krim gehört der
angestammte Hafen der russischen
Schwarzmeerflotte, Sewastopol. Das Schwarze Meer
ist der Zugang Rußlands durch den Bosporus zum
Mittelmeer. Jeder weiß, daß Rußland die Krim
nicht aus der Hand geben kann und wird, wenn es
eine Großmacht sein und bleiben will. Deswegen
hatte Rußland seine Nutzungsrechte an diesem
Hafen auf Jahrzehnte durch Vertrag zu sichern
versucht, augenscheinlich eine wenig sichere
Grundlage der existentiellen Interessen Rußlands.
Der Westen akzeptiert diese Interessen und die
durch die Aufnahme der Krim in die Russische
Föderation geschaffene Realität, die Ukraine
nicht. Diese hat aber nicht die Fähigkeiten, die
neue Lage zu ändern. Die Kritik des Westens
stellt das Ergebnis des Referendums nicht in
Frage. Eine militärische Intervention wäre nicht
nur völkerrechtswidrig, sondern das Ende des
Weltfriedens und die Gefahr des Untergangs
großer Teile Europas. Der Westen will um der
weiteren Entwicklung willen mit seiner Kritik
und seinen Sanktionen genannten Nadelstichen
Positionen festigen.
Der Westen hat den Umsturz in der Ukraine
gefördert, wenn nicht betrieben. Das waren
schwere Verletzungen der inneren und äußeren
Souveränität der Ukraine. Daß der „Maidan“ nicht
wesentlich aus eigenem Antrieb und eigener Kraft
von Bürgern der Ukraine kam, ist offensichtlich.
Der Westen hat das „bewährte“ Verfahren des
Umsturzes, der vermeintlichen irgendwie
gefärbten „Revolution“, genutzt, ein Verfahren,
welches ähnlich auch andere Mächte eingesetzt
haben und einsetzen, zumal früher die
Sowjetunion. Die ethnischen Gegensätze zwischen
Russen und Ukrainern, aber auch das
augenscheinlich korrupte Regierungssystem waren
dem Umsturz dienlich. Es gibt wenig Zweifel, daß
der Westen „subversiv“, wie das Völkerrecht es
nennt, interveniert hat, um eine genehme
Regierung zu haben, welche bereit ist, die
Ukraine in die EU und irgendwann auch in die
NATO zu führen. Die gescheiterte Mission der
Außenminister Frankreichs, Polens und
Deutschlands, die zu einer friedlichen
Entmachtung des gewählten Präsidenten der
Ukraine, zur Neuwahl eines Präsidenten und zur
Rückkehr zur Verfassung von 2004 führen sollte,
war jedenfalls mit der bestehenden Verfassung
der Ukraine und der Souveränität des Landes
schwerlich vereinbar, erst recht nicht der Bruch
der Vereinbarung vom 21. Februar 2014 durch die
aufständischen Kräfte und deren gewaltsame
Übernahme der Macht. Dabei wurde die Trennung
des Landes in Kauf genommen, auch von den
westlichen Vermittlern.
Die Ukraine-Politik
des Westens ist trotz aller Souveränität der
Ukraine eine Bedrohung Rußlands. Der Westen hat
die Souveränität der Ukraine keineswegs
geachtet. Die Maßnahmen Rußlands zum Schutz
seines rechtmäßigen Flottenstützpunktes waren
von seinen existentiellen Interessen gegen den
zunehmend aggressiven Westen gefordert. Sie sind
verhältnismäßig und dienten und dienen der
Verteidigung der russischen Föderation, aber
auch russischer Staatsbürger und ethnisch
russischer Ukrainer. Ein Verstoß gegen das
Völkerrecht sind sie nicht, schon gar nicht eine
Annexion der Krim. Sie sind durch das Recht zur
Selbstverteidigung gerechtfertigt, welches die
präventive Selbstverteidigung jedenfalls
einschließt, wenn diese mit milden Mitteln
erfolgt, von den Bewohnern des geschützten
Gebietes gewünscht ist, weil diese sich
erkennbar dem Staat, der ihre Sezession
unterstützt, anschließen wollen. Dabei ist der
Hilferuf des gewählten, wenn auch entmachteten
Präsidenten der Ukraine und der erklärte und von
der großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützte
Sezessionswille der Krim von völkerrechtlich
erheblichem Gewicht. Von noch größerem Gewicht
ist, daß die Übergangsregierung der Ukraine,
deren Amtsführung keine Legalität für sich hat,
unterstützt vom umstürzlerischen Parlament der
Ukraine und vom Westen, das Sezessionsreferendum
der Krim für illegal erklärt hat, notfalls
gewaltsam (Mobilmachung) unterbinden wollte und
nicht anerkennt. Das stärkt die Legalität der
russischen Schutzbemühungen für eine ungestörte
Abstimmung.
Nach überwiegender Auffassung der Völkerrechtler
sind Staaten berechtigt, ihre Staatsangehörigen
notfalls gewaltsam mit einer begrenzten
Intervention vor Bedrohungen an Leib und Leben
zu schützen. Dieses Recht wird stetig
praktiziert und ist nach wie vor in den Grenzen
der Verhältnismäßigkeit gewohnheitsrechtlich
anerkannt. Eine schutzbedürftige Bedrohung für
die Russen auf der Krim und all die Bewohner der
Krim, die durch das Referendum gewissermaßen
wieder Russen werden wollten, waren die Kräfte
zweifelsfrei, welche den Umsturz in der Ukraine
durchgeführt hatten, aber auch die Gewalttäter,
welche auf dem Maidan gemordet hatten. Der
Präsident der Russischen Föderation, Wladimir
Putin, hat sich auf diese Schutzpflicht berufen.
Sie wird auch von westlichen Staaten ständig
praktiziert, oft nur vorgetäuscht.
Das Budapester Memorandum von 1994, in dem die
USA, Rußland und Großbritannien u. a. der
Ukraine als Gegenleistung für den
Nuklearwaffenverzicht die Souveränität und die
bestehenden Grenzen sowie deren politische und
wirtschaftliche Unabhängigkeit zu achten und im
Falle eines nuklearen Angriffs auf das Land
unmittelbar Maßnahmen des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen zu veranlassen zugesagt
haben, ist durch die Sezession der Krim und
deren Aufnahme in die Russische Föderation nicht
berührt, geschweige denn verletzt. Das
Selbstbestimmungsrecht der Bürger der Krim ist
durch dieses Memorandum nicht aufgehoben. Es
kann auch durch völkerrechtliche Verträge nicht
aufgehoben werden, weil es die Freiheit der
Bürger ist. Diese steht nicht zur Disposition
der Politik. Sie ist mit dem Menschen geboren.
In den Kategorien einer Großraumpolitik der
Weltmächte hat Rußland mit milden Mitteln einen
Eingriff der USA in seinen angestammten
Machtbereich abgewehrt, auch nur begrenzt,
nämlich die Eingliederung der Krim in die EU und
später die NATO. Die unbedachte
Erweiterungspolitik der EU und die sehr genau
bedachte Geostrategie der Vereinigten Staaten
haben eine Kriegsgefahr heraufbeschworen. Die
USA handelt in der Annahme der militärischen
Überlegenheit und ohne Rücksicht auf den durch
die Atommacht gefährdeten mittleren und
westlichen Teil Europas, zumal Deutschlands. Die
EU befleißigt sich in nicht zu fassender
Unbedarftheit seiner politischen Klasse
atlantischer Botmäßigkeit. Man denkt an die
Kubakrise 1962, in der John F. Kennedy mit einer
militärischen Seeblockade die Stationierung
sowjetischer Raketen auf Kuba unterbunden hat.
Niemand im Westen hat diese Blockade als
völkerrechtswidrig kritisiert. Deutschland
jedenfalls sollte aus geostrategischen,
wirtschaftlichen und vor allem historischen
Gründen um ein bestmögliches Verhältnis zu
Rußland bemüht sein.
2. Kern der westlichen Kritik an der Politik der
Krim, sich von der Ukraine unabhängig zu machen
und Mitglied der Russischen Föderation zu
werden, ist die Lehre, daß die Sezession eines
Staatsteiles von einem Staat „illegal“ sei. Vor
allem daraus wird geschlossen, daß es
völkerrechtswidrig sei, daß Rußland die Krim in
ihrer Unabhängigkeitspolitik unterstützt hat.
Das Verbot der Sezession ist überwiegende
Auffassung jedenfalls der freiheitsvergessenen
deutschen Staatsrechtslehre, welche sich die
deutsche Politik zu eigen macht. Diese Lehre ist
falsch. Sie doktriniert den Staat als
unberührbares politisches Gebilde, das mit allen
Mitteln des Staates erhalten werden darf und muß,
gar durch Intervention anderer Staaten. Allein
schon die Geschichte der Staaten bis in die
Entwicklungen der Gegenwart widerspricht dieser
Staatsdoktrin.
Nicht die Staaten sind souverän, wie das der
deutsche staatsrechtliche Positivismus des 19.
Jahrhunderts gelehrt und praktiziert hat und wie
das noch heute überwiegend und mit
verhängnisvollen Folgen vertreten wird, sondern
die Menschen als Bürger. Die Staaten sind
Organisationen der Bürgerschaften, mittels derer
diese ihr gemeines Wohl zu verwirklichen suchen.
Die zentralen Figuren der Politik sind die
Menschen, deren wichtigstes Recht ihre
politische Freiheit ist, Kern ihrer Würde.
Daraus erwächst das Selbstbestimmungsrecht der
Völker. Es ist, um mit Rousseau zu sprechen, der
contract social, der ein Volk bildet. Es können
sich immer wieder neue Völker bilden, größere
durch Staatenbildung, auch Bundesstaaten, und
kleinere durch Separationen von Volksteilen zu
neuen Staaten. Das gehört zum
Selbstbestimmungsrecht der Völker, dem Kern der
Charta der Vereinten Nationen. Dieses Recht
schützt die Freiheit der Menschen, nicht
spezifisch den Bestand von Staaten.
Nicht einmal ein Verfassungsgesetz, wie das der
Ukraine, das einen Einheitsstaat verfaßt und
eine Sezession nicht ordnet oder auch nur
vorsieht, vermag eine Sezession eines Teiles des
Volkes zu untersagen. Die Staatsgründung ist ein
Akt der Freiheit und damit der Souveränität der
Menschen, die zusammenleben. Nicht Staaten sind
souverän, sondern Menschen. Staaten dienen der
Verwirklichung der Freiheit, nach innen und nach
außen. Es gibt keine ewigen Staaten und es gibt
kein Recht von Staaten und erst recht nicht von
Staatsorganen, ihre Existenz gegen die Menschen
und Bürger, gegen das Recht, zu behaupten, gar
mit Waffengewalt. Vielmehr gibt es eine Pflicht
der Menschen, im Recht miteinander zu leben und
die Rechtlichkeit durch eine Organisation, einen
Staat, zu sichern, das natürliche Recht auf eine
bürgerliche Verfassung, die Freiheit und
Eigentum sichert. Auch der Freistaat Bayern ist
befugt, sich in von der Bundesrepublik
Deutschland zu trennen, jedenfalls in
existentieller Lage, und entweder als
Einzelstaat zu leben oder sich etwa mit der
Eidgenossenschaft und auch Österreich zu einem
Bundesstaat zu verbinden.
Der staatsrechtliche Positivismus hat den Staat
als juristische Person wie einen Menschen
dogmatisiert, wenn nicht mit Hegel vergöttlicht.
Sein Bestand galt als unberührbar. Mit dem
Recht, das, bestätigt durch Art. 1 der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, mit
den Menschen geboren ist, ist das schwerlich
vereinbar. Mehr als eine Organisation der
Menschen und Bürger, mittels der diese ihr
gemeinsames Wohl, und das ist allem voran das
Recht, verwirklichen, ist er nicht. Die Menschen
haben die Freiheit, sich die Organisation,
genannt Staat, zu schaffen, die ihrem Wohl am
besten entspricht, wenn dieser nur anderen
Menschen nicht schadet, d. h. bestmöglich das
Recht zu verwirklichen vermag. Aber man lebt mit
anderen Menschen zusammen, vielen Menschen.
Darum muß sich jeder bei der Gestaltung des
gemeinsamen Lebens mit den Menschen verbinden,
die in besonderer Weise zusammen gehören. Dabei
muß die territoriale Einheit das Grundprinzip
sein. Für sie muß der Frieden gesichert sein.
Nicht Gewalt kann Staaten rechtens schaffen und
erhalten, sondern nur die Sittlichkeit der
Menschen, deren praktische Vernunft. Die
allerdings ist Pflicht. Weil Konsens aller nicht
erwartet werden kann, ist die Mehrheitsregel
maßgeblich. Die freiheitliche Logik ist das
Selbstbestimmungsrecht nicht des jeweiligen
Volkes eines Staates, sondern das der Menschen,
die auf einem Gebiet zusammenleben und
zusammenleben wollen. Völker können sich
folglich immer neu bilden; denn sie sind
Gemeinwesen von Bürgern, Bürgerschaften.
Derartige Politiken müssen freilich dem
Rechtsprinzip genügen. Dieses gebietet, daß ein
friedliches und freiheitliches Zusammenleben der
Menschen nach innen und auch außen gewährleistet
ist. So muß ein besonderes zusammenhängendes
Gebiet die Sezession betreiben, weil nicht zwei
Staaten auf einem Gebiet konkurrierend
Staatsgewalt ausüben können. Die Besonderheit
kann sich aus jeweiligen Gründen ergeben, etwa
religiösen, ethnischen, geschichtlichen,
sprachlichen, wirtschaftlichen. Es muß eine
erhebliche Mehrheit des separierenden Gebietes
für die Sezession stimmen, damit nicht ein nicht
hinreichend relevanter Teil der betroffenen
Bürger den anderen in eine unerwünschte
Staatlichkeit nötigen kann. Umgekehrt gibt es
kein Recht der Minderheit, die Mehrheit in einen
Staat zu zwingen, in dem die Mehrheit nicht oder
nicht mehr leben will. Das ist eine Frage der
Selbstbestimmung, der Freiheit. Die
dissentierende Minderheit muß das Recht haben,
entweder im separierten Staat zu bleiben oder
diesen zu verlassen, das ius emigrandi, um
weiter mit den Bürgern zusammenzuleben, die im
restlichen Staat verbleiben. Der alte Staat ist
wegen des Selbstbestimmungsrechts der Völker
verpflichtet, den Sezessionsprozeß friedlich zu
gestalten. Er darf diesen nicht zu unterbinden
suchen, keinesfalls mit Waffengewalt. Ein
Referendum der Bürger des betroffenen
Staatsteils ist unverzichtbar.
Es versteht sich, daß ein derart weitreichender
Vorgang zu Spannungen und Zerwürfnissen führt,
zumal wenn er mit existentiellen
großpolitischen, etwa geopolitischen, Interessen
auch dritter Staaten verbunden ist.
Die Krim hatte und hat als autonome Republik,
vornehmlich von ethnischen Russen bewohnt,
Jahrhunderte lang russisch, jedes Recht, einen
eigenen Weg zu gehen und sich von der Ukraine zu
separieren. Der Ukrainer Nikita Chruschtschow
hat die Krim 1954 der Ukraine in der Annahme
zugeordnet, daß die Sowjetunion von Ewigkeit
sein werde. 1993 hat das russische Parlament
Sewastopol zur russischen Stadt auf fremdem
Territorium, als eine Art Enklave, erklärt. Die
Verträge zwischen Rußland und der Ukraine von
1997 und 2010 haben den Status verändert, nicht
um den Einfluß Rußlands zu mindern. Erst die
neue Politik der Ukraine unter westlichem
Einfluß hat versucht, Sewastopol zum
Staatsgebiet der Ukraine unter uneingeschränkter
ukrainischer Hoheit zu machen.
Das Referendum ist das richtige Verfahren, um
den Status der Krim zu bestimmen. Es muß eine
freie Willensbildung der Bürger der Krim
gewährleistet sein. Daran besteht bisher kein
Zweifel. Von der Beobachtung der OSZE, so
befriedend sie wäre, hängt die Rechtmäßigkeit
des Referendums keinesfalls ab.
Die Sezession der Krim sichert den Frieden in
der Region, wenn die Ukraine sich dem Westen
zuwendet und die Mitgliedschaft in der EU
anstrebt. Diese wird ihr geradezu aufgedrängt.
Zu deren Vertragsordnung gehört bekanntlich auch
die Gemeinsame Sicherheits- und
Verteidigungspolitik, ganz unabhängig von der
NATO-Mitgliedschaft. Jeder Mitgliedstaat der EU
ist in diese Verteidigungsgemeinschaft
eingebunden, nenne er sich neutral oder nicht.
3. Wirtschaftliche Sanktionen gegen die die
Russische Föderation wären nicht nur
ungerechtfertigt, weil die Hilfestellung
Rußlands beim Sezessionsprozeß der Krim nicht
illegal war, sie wären auch unergiebig. Sie
würden nicht nur Rußland, sondern auch der EU
und insbesondere Deutschland schaden.
Insbesondere würden sie das nach dem Kalten
Krieg mühsam gewonnene gegenseitige Vertrauen
beschädigen. Es ist geradezu lächerlich, wenn
Deutschland den russischen Bären warnt und ihm
gar droht, der hochgerüsteten Atommacht. Auf den
Schutz der USA sollte sich Deutschland nicht
verlassen, wenn es existentiell wird. Der Weg zu
einem guten Miteinander mit Rußland wäre die
Einbindung dieses europäischen Staates in die
europäische Integration. Das würde die EU
grundlegend verändern, so wie das dem
Grundgesetz entspricht. Das vereinte Europa
könnte ein Verbund souveräner Staaten werden,
der mit Demokratie und Rechtsstaat die Freiheit
der Bürger wahrt, ein L´Europe des Etats. Ein
Krimkrieg wäre dann so gut wie ausgeschlossen.
Karl Albrecht Schachtschneider
Berlin, April 2014
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