Michael Andrejewski: Frau Präsidentin, meine Damen
und Herren, ich möchte das bekanntgewordene
Zitat der Bundeskanzlerin, das sich auf den
sogenannten Terror von rechts bezieht,
folgendermaßen abwandeln: „Der Verfassungsschutz
und die Rolle, die er bei den sogenannten
Dönermorden gespielt hat, ist eine Schande für
Deutschland.“ Soviel steht fest, dass wir es
hier mit einem Geheimdienstskandal zu tun haben
mit Staatsversagen und vielleicht sogar mit
Staatskriminalität. Und auch mit einer Kampagne
zur Irreführung der Öffentlichkeit, denn was da
als offizielle Version der Ereignisse verkauft
wird, spricht jeder Vernunft Hohn. Da werden
zwei verbrannte Leichen in einem Wohnmobil
aufgefunden.
Ein Blick reicht der Staatsmacht für die
Feststellung, dass selbstverständlich
Selbstmord vorlag, obwohl einer der Toten eine
Schusswunde in der Brust hatte, die von einem
Gewehr stammt, sehr schwer zu machender
Selbstmord, kein Grund, die Selbstmordhypothese
auch nur in Frage zu stellen, denn tote
Sündenböcke, denen man alles in die Schuhe
schieben kann, sind einigen Leuten wohl sehr
angenehm. Und warum sollen diese beiden
mutmaßlichen Täter sich das Leben genommen
haben? Weil sie nach einem Bankraub von der
Polizei gesucht wurden? Das hätten sie ja
eigentlich gewohnt sein müssen.
Diese Superverbrecher, die dreizehn Jahre durch die
Republik zogen und ein perfektes Verbrechen nach
dem anderen begingen, ohne Spuren zu
hinterlassen, die verlieren auf einmal einfach
so die Nerven und bringen sich um. Wegen ein
bißchen Sirenengeheul, wegen Polizei in der
Nähe. Sie finden aber noch Zeit, irgendwie die
Sprengung ihres Hauses in Auftrag zu geben,
völlig ohne Not, denn die Polizei wußte zu
diesem Zeitpunkt von dieser Unterkunft noch gar
nichts. Ihren Wohnwagen zünden sie auch noch an,
damit die Polizei sie auch noch schneller
findet. Nie haben sie bei ihren Straftaten
Fehler gemacht, hunderte von Polizisten finden
keine Hinweise, auch nur auf ihre Existenz, noch
nicht mal die besten Spezialeinheiten. Aber in
ihrem Haus horten diese Superverbrecher alle
Beweise, die sie ans Messer liefern können. Dann
wird das Haus durch die Sprengung in einen
Trümmerhaufen verwandelt, aber das
Beweismaterial wird unversehrt gefunden, wie der
Ausweis des Herrn Muhammed Atta am 11.
September, der aus dem pulverisierten Flugzeug
aus dem Himmel direkt in die Arme des FBI fiel,
ohne einen Brandfleck. Alles sehr eigenartig.
Anders als alle Terroristen, von denen man je
hörte, gibt es von diesen – gab es von diesen –
keinerlei Bekennerschreiben. Kein Experte kann
sich darauf einen Reim machen. Völlig neu,
völlig ungewöhnlich.
Die dreizehn Jahre schweigsam und im Verborgenen
agierenden Terroristen beschließen dann aber
plötzlich, sich doch an die Öffentlichkeit zu
wenden, zufälligerweise genau in dem Moment, in
dem sie Selbstmord begehen oder „selbstgemordet“
werden. Dafür wählen sie die Form eines
angeblichen „Bekennervideos“, das aber, soweit
man es bisher sehen konnte, gar kein Bekenntnis
enthält, nur eine Verhöhnung der
Sicherheitsbehörden. Das alles ist völlig
widersinnig, da gibt es überhaupt keine Logik
und wir können noch lange nicht davon ausgehen,
dass das wirklich die Täter waren. Es können
sich ganz andere Dinge dahinter verbergen und
die wahren Täter sind vielleicht noch unterwegs.
Offensichtlich soll die Wahrheit vertuscht und
durch eine Geschichte verdeckt werden, deren
Glaubhaftigkeit gleich Null ist. Was ist die
Wahrheit? Wahrheit war und ist, aus der
Geschichte der Bundesrepublik, dass dem
Verfassungsschutz alles zuzutrauen ist. Der
ach-so-gefährliche Thüringer Heimatschutz wurde
vom Verfassungsschutz aufgebaut und finanziert.
Der Chef des Ladens war ein V-Mann! Sie jammern hier
über Steuergelder, die an die NPD gehen, aber
der Mann bekam 200 000 DM Steuergelder, mit
denen er den Laden überhaupt erst aufbaute und
aus dieser Verfassungsschutz-gesteuerten
Struktur, nicht aus einer NPD-gesteuerten
Struktur, sondern aus dieser
Verfassungsschutz-gesteuerten Struktur kamen die
drei mutmaßlichen Terroristen, die abtauchten,
obwohl sie auf der Fahndungsliste standen und
die locker 13 Jahre lang abgetaucht bleiben
konnten, obwohl alle Fahndungstruppen hinter
ihnen her waren. In deren Haus sogenannte „legale-illegale“
Papiere gefunden worden sein sollen, also
falsche Papiere vom Staat ausgestellt, das ist
auch noch zu klären, da hat der Innenminister
leider nichts dazu gesagt, und die sich zu den
effizientesten Terroristen entwickelten, die es
in Deutschland je gab – wenn sie denn die Tat
begangen haben. Ohne geheimdienstliche Anleitung
und Unterstützung können sie das unmöglich
geschafft haben, da muss sich wer hinter
verbergen. Doch der Staat stellt sich unwissend,
zieht aber plötzlich – selbst zur Verwunderung
vieler Polizeibeamter – 15 Ordner mit
Erkenntnissen über die Abgetauchten heraus, über
die er vorher überhaupt nichts wusste.
Diese drei jungen Leute waren bestenfalls Marionetten,
die Strippenzieher beim Verfassungsschutz zu
suchen ist sicher keine abwegige Idee, wie bei
so vielen anderen Fällen von Terrorismus auch.
Den linksextremen Terror der RAF hätte es nie
gegeben ohne Anschubhilfe des
Verfassungsschutzes. Der Spitzel Peter Urbach ,
U-Bahn-Peter genannt, lieferte den bis dahin
lauten, aber gewaltlosen radikalen Studenten der
68er die ersten Molotowcocktails und verteilte
sie aus dem Kofferraum – frisch vom
Verfassungsschutz. Andreas Baader und Gudrun
Ensslin erhielten von ihm ihre ersten
Brandsätze. Und von diesem
Verfassungsschutzagenten stammte auch der
Brandsatz für einen geplanten Anschlag auf die
Berliner Synagoge, der allerdings zum Glück
nicht funktionierte. In den siebziger Jahren
wurde in Berlin der mutmaßliche Terrorist
Ulrich Schmücker angeblich von
Gesinnungsgenossen ermordet, die ihn für einen
Verräter hielten.
Die Berliner Justiz verhandelte in vier Prozessen, von
1976 bis 1991 den Fall, ohne zu wissen, dass
die Tatwaffe in diesen fünfzehn Jahren in einem
Safe des Berliner Verfassungsschutzes lag. Nur
der Verfassungsschutz weiß, wer der wahre Mörder
gewesen sein könnte. Es wurden Prozesse geführt,
es wurden Angeklagte verurteilt, die lange in
Haft saßen (ein Kronzeuge trat auch auf, wurde
dafür belohnt) und die höchstwahrscheinlich
unschuldig waren. Einen fairen Prozess haben
diese Leute jedenfalls nicht bekommen.
Auch das Oktoberfestattentat von 1980, das bisher
einem Einzeltäter zugeschrieben wurde, erscheint
zunehmend in einem neuen Licht, eine
Verstrickung des Verfassungsschutzes wird auch
hier immer wahrscheinlicher. Durch die Lande
zieht hier in Mecklenburg-Vorpommern eine Frau
Mo Asumang und beklagt, dass die Gruppe WAR
(White Arian Resistance = weißer arischer
Widerstand) mal ein Lied veröffentlicht hatte,
in dem es hieß: „Diese Kugel ist für Dich, Mo
Asumang.“ Da hieß es auch in diesem Lied: „Diese
Kugel ist für Dich, Michel Friedmann.“
Finanziert war die CD vom Verfassungsschutz.
Zwei der drei Herausgeber waren
Verfassungsschutzagenten. Thomas Dienel, vom
Thüringer Heimatschutz, warf Schweineköpfe in
Synagogen und bedauerte öffentlich, in Auschwitz
seien nicht genug Juden vergast worden. Zu der
Zeit war er Verfassungsschutzagent und bezog
Geld vom Verfassungsschutz.
Der Verfassungsschutz, Ihr Verfassungsschutz!,
lieferte Waffen an Terroristen, finanzierte
Mordaufrufe, versteckte Mordwaffen vor der
Justiz, nicht die NPD, sondern IHR
Verfassungsschutz. Wo immer Morde linken oder
rechten Terrorgruppen zugeschrieben werden, ist
der Verfassungsschutz nicht weit. Ganz konkret
soll ein Verfassungsschutzmitarbeiter des
hessischen Verfassungsschutzes bei sechs der
Morde in unmittelbarer Nähe gewesen sein. Auf
die Aufklärung bin ich mal gespannt.
Die Türken kennen den Begriff des tiefen Staates.
Damit meinen sie einen Komplex aus Geheimdienst
und organisierter Kriminalität, auf dessen Konto
viele Anschläge und Verbrechen gehen, die linken
oder rechten Extremisten der Türkei in die
Schuhe geschoben werden. Die Türken in
Deutschland müssen nun erkennen, dass es den
tiefen Staat auch hier gibt. Und dort sitzen die
Verantwortlichen für den Mord an ihren Leuten.
Das billige Ablenkungsmanöver mit dem
NPD-Verbot, ob Ihnen das sehr viel helfen wird,
wage ich zu bezweifeln. Da haben Sie übrigens
noch eine Kleinigkeit übersehen, für das Urteil
des Bundesverfassungsgerichtes in einem
verbotsverfahren ist ausschlaggebend die
Ausrichtung und Grundhaltung einer Partei im
Augenblick der letzten mündlichen Verhandlung.
Wenn es rechtsstaatlich aussehen soll, dauert so
ein Verbotsverfahren ein bis zwei Jahre. In
dieser Zeit kann eine Partei ihr
Führungspersonal, ihre Äußerungen, ihr Programm
komplett umstellen, so dass die im Verbotsantrag
formulierten Vorwürfe völlig ins Leere gehen.
Wenn Sie keine V-Leute haben in dieser Zeit, dann ist
das Verfassungsgericht allein auf das äußere
Erscheinungsbild der Partei angewiesen,
Informationen von Partei-Interna hat es ja nicht
mehr mangels V-Leuten. Ein übles Dilemma.
Entweder die V-Leute bleiben drin, dann wird es
schwer mit einem Verbot, besonders angesichts
der Verfassungsschutz-Verstrickung im Fall der
Zwickauer NSU-Zelle, oder sie werden abgezogen,
dann haben sie zwei Jahre lang keine Interna und
treffen im Augenblick der letzen Verhandlung
vielleicht auf eine ganz andere NPD. Wie auch
immer, Gefahr geht in diesem Land zuallererst
vom Verfassungsschutzaus, vom Staat selber. Wer
Terrorismus ernsthaft bekämpfen will, muss den
Geheimdienst-Sumpf trockenlegen, nicht den
braunen Sumpf, den Geheimdienstsumpf. Der
Verfassungsschutz hetzt die jungen Leute zur
Gewalt auf, in der rechten, aber auch in der
linken Szene und die NPD wirkt dem in der
nationalen Szene entgegen.
Wer die NPD beseitigen, aber den Verfassungsschutz
beibehalten will, fördert Gewalt und will daraus
sein politisches Süppchen kochen. Nicht die NSU
ist das Problem, die VSU ist das Problem: der
Verfassungsschutz-Untergrund. Und noch ein Wort
zu dem, was Herr Ritter gesagt hat, da war sogar
ein interessanter Aspekt dabei: Er sagte, er
wundert sich, dass erst jetzt, dass erst jetzt
den Opfern Anteilnahme ausgesprochen wird. Bis
jetzt glaubte man, das seien Mafia-Opfer
gewesen. Erst jetzt, wo man denkt, es seien
Opfer von Rechtsterroristen gewesen, da spricht
man den Opfern das Beileid aus, da gibt es
Empörung. Warum sind Mafia-Opfer eigentlich
weniger wert, als Terrorismus-Opfer? Warum hat
man ihnen denn nicht das Beileid ausgesprochen,
als man noch dachte, sie wären vom organisierten
Verbrechen ermordet worden? Gegen das scheinen
Sie wohl nicht allzuviel zu haben.
Vielen Dank
Die Rede von Michael Andrejewski im Parlament.
17.11.2011:
>>ÂÈÄÅÎ